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Pressemitteilung: Erstmals hört UNA Verantwortliche aus Polizei & Justiz u.a. zum Einsatz in der Tatnacht
Presseinformation 31.03.2022
Erstmals hört Untersuchungsausschuss zum rassistischen Terroranschlag in Hanau Verantwortliche aus Polizei und Justiz u.a. zum Einsatz in der Tatnacht
Am 1. April sind beim Untersuchungsausschuss zum rassistischen Terroranschlag in Hanau erstmals Verantwortliche aus Polizei und Justiz als Zeug*innen geladen, die zum konkreten Einsatz in der Tatnacht und den anschließenden Ermittlungen aussagen sollen. „Wir hoffen, dass es nun endlich erste Antworten auf die vielen offenen Fragen zum Vorgehen von Polizei und Staatsanwaltschaft am 19. und 20. Februar 2020 geben wird,“ sagt Newroz Duman von der
Initiative 19. Februar Hanau.
Als Zeug*innen geladen sind: Oberstaatsanwältin a.D. Gabriele Türmer von der Staatsanwaltschaft Hanau (Verantwortliche in der Tatnacht ab 23Uhr als Vertreterin der Staatsanwaltschaft Hanau, als stellvertretende Leitung sowie Dezernentin für politisch motivierte Kriminalität in der Einsatzzentrale); Polizeidirektor Dirk Fornoff vom Polizeipräsidium Mittelhessen (Verantwortlicher in der Tatnacht ab 1.00 Uhr u.a. auch für den Einsatz am Haus des Attentäters). Ebenfalls als Zeug*innen geladen sind Richterin Roggendorf und Polizeihauptkommisar Stiels, die im Nachgang zum Attentat für die Generalbundesanwaltschaft zum Attentäter ermittelt haben.
Oberstaatsanwältin Türmer und Polizeidirektor Fornoff waren in der Tatnacht mitverantwortlich für Abläufe, die wir in unserem Text zur „Kette des Versagens“ hinterfragt und kritisiert haben. Newroz Duman führt dazu aus: „Wir wollen von den Zeug*innen im UNA wissen: Ab wann gingen Polizei und Staatsanwaltschaft von einem rassistisch motivierten Attentat aus? Welche Hypothesen über mutmaßliche Täter und Tatmotive waren bis zur Erstürmung des Hauses des Attentäters leitend für Polizei und Staatsanwaltschaft? Wer trägt die Verantwortung dafür, dass die Obduktionen der Getöteten ohne Einwilligung der Angehörigen vorgenommen und – wahrheitswidrig – auf den Obduktionsdokumenten vermerkt wurde, eine Zustimmung der Angehörigen läge vor bzw. Angehörige seien nicht bekannt? Warum wartete die Einsatzleitung des
SEK Frankfurt mehrere Stunden bis zur Erstürmung des Hauses des Attentäters? Zu welcher Uhrzeit hatten Staatsanwaltschaft, Polizeieinsatzleitung und Generalbundesanwaltschaft erstmals Kenntnis vom Manifest des Attentäters?“
„Es ist unverständlich, dass der Ausschuss die wichtigsten Zeug*innen des Tages – Oberstaatsanwältin Türmer und Polizeidirektor Fornoff – erst für den Freitagmittag bzw. Nachmittag geladen hat“, kritisiert eine Sprecherin vom VBRG. „Durch die verweigerte Akteneinsicht und Aussagebegrenzung für den vom Ausschuss in der Sitzung am 18.3.2022 geladenen Sachverständigen Prof. Feltes vermitteln Landesregierung und der Ausschuss schon jetzt den Eindruck, parteipolitische Interessen über die Aufklärung zu stellen.“
Zur Erinnerung für Abgeordnete und Journalist*innen haben wir die wichtigsten Fragen an die für
Freitag geladenen Zeug*innen hier zusammengestellt:
• Ab welchem Zeitpunkt wussten die Zeug*innen, dass es sich um einen rassistischen Terroranschlag handelt?
• Um welche Uhrzeit war nach Kenntnis der Zeug*innen wem in welcher Behörde erstmals die Webseite des Täters sowie sein darauf veröffentlichtes Manifest bekannt?
• Um welche Uhrzeit und durch wen wurden die Informationen zur Website des Täters und zum Manifest nach Kenntnis der Zeug*innen an welche Personen in- und außerhalb der Einsatzleitstelle kommuniziert?
• Wann haben die Zeug*innen Türmer, Fornoff, Stiels und Roggendorf erstmals persönlich Kenntnis von der Website des Täters und dessen Manifest?
• Um welche Uhrzeit, über welche Kanäle und durch wen in der Einsatzleitstelle wurde diese Informationen an das SEK, an die Einsatzleitung beim Haus des Attentäters und an die an den Tatorten befindlichen Polizeieinsatzleitungen kommuniziert?
• Hat Oberstaatsanwältin Türmer die Entscheidung getroffen, vor der Anordnung der Obduktionen der Ermordeten die Totensorgeberechtigten nicht anzuhören? Wenn ja, warum? Wenn nicht die Zeugin diese Entscheidung getroffen hat, wer ist dann dafür verantwortlich gewesen?
• Gab es andere Vertreter*innen in der Staatsanwaltschaft, die die Entscheidung getroffen und/oder mitverantworten? Wenn ja, wann und durch wen wurden sie in die Entscheidung miteinbezogen?
• Warum hat die Zeugin Türmer eine Zuständigkeit verneint, als es um die staatsanwaltschaftliche Anordnung der Schmauchspurenuntersuchung beim Vater des Attentäters ging?
Der am Nachmittag geladene Polizeidirektor Dirk Fornoff sollte Antworten zu den nachfolgenden Fragen zu den Einsatzstrukturen der Tatnacht, zum Tathintergrund und der Kenntnis der Polizeibehörden in Frankfurt und Hanau über die Motivation des Anschlags, zum Einsatz beim Täterhaus und zu den Informationen der Einsatzkräfte am Tatabend und in der Folgezeit geben können:
• War – als das Polizeipräsidium Frankfurt die Führungsübernahme erklärte – die rassistische und rechtsextreme Motivation des Täters bereits bekannt?
• Wenn nein, wann wurde diese bekannt und wie wurde sie an die sich im Einsatz befindlichen Kräfte kommuniziert?
Zudem richten sich an ihn konkrete Fragen zur Einsatzstruktur und zum Einsatzgeschehen:
• Wann und wie wurde das Täterhaus so abgesichert, dass ein Entkommen des sich im Haus befindlichen Täters nicht mehr möglich war?
• Wie erklärt sich die zeitliche Verzögerung? Scheinbar war über mehr als eine Stunde das Täterhaus nicht entsprechend gesichert.
• Nach der Erstürmung des Täterhauses um 3:03 Uhr verging noch etwa eine Stunde bis im Keller des eher kleinen Reihenhauses die Leiche des Täters gefunden wurde. Wie lässt sich das erklären?
Zudem stellen sich weitere Fragen:
• Wer war ab wann Einsatzleiter für den Einsatz am Täterhaus?
• Welchen Einfluss hatte der Einsatz der 13 rechtsextremen SEK Beamten aus seiner Sicht auf den Einsatzablauf am Täterhaus?
Da er in leitender Funktion für die Hessische Polizeibehörde auch für die Zeit nach der Tatnacht
blieb, stellen sich ebenfalls Fragen in Bezug auf den Vater des Täters:
• Wurde gegen den Vater ein polizeirechtliches Gefahrenabwehrverfahren betrieben? Aus welchem Anlass?
• Wenn ja, wann wurde dieses eingeleitet? Vor oder nach der durch den Spiegel und danach die Mahnwache durch Überlebende und Familienangehörigen hergestellten Öffentlichkeit?
Für diese und weitere Fragen erhoffen wir uns am Freitag erste konkrete Antworten und gegebenenfalls klare Aussagen dazu, wer in der Befehlskette von Polizei und Justiz genauere Antworten geben kann.
Am 19. Februar wird um 11 Uhr am Hanauer Friedhof beim offiziellen Gedenken an Ferhat Unvar, Hamza Kurtović, Said Nesar Hashemi, Vili Viorel Păun, Mercedes Kierpacz, Kaloyan Velkov, Fatih Saraçoğlu, Sedat Gürbüz und Gökhan Gültekin erinnert.
Die Zahl der Anwesenden wird auf einen kleinen Kreis beschränkt sein. Wir werden am Samstag nicht mit allen, die wollen, gemeinsam auf dem Hanauer Friedhof sein können. Viele, die sonst an jedem 19. an unserer Seite sind, bleiben durch die Auflagen des Landes Hessen ausgeschlossen. Uns erreichen seit der kurzfristigen Bekanntgabe der Auflagen zahlreiche Nachfragen. Darauf zu reagieren fällt schwer und schmerzt. Wer eingeladen wird und wer nicht, das haben wir, die Familienangehörigen, nicht entscheiden können.
Die Veranstaltung auf dem Hanauer Friedhof wird im Hessen Fernsehen live übertragen.
In unseren Gedanken werden wir in diesem Moment bei unseren ermordeten Liebsten sein, die wir so sehr vermissen. Ihr alle, die vielen Freundinnen und Freunde, die den Verlust zusammen mit uns betrauern, werdet in Gedanken bei uns sein.
Wir hätten uns das anders gewünscht und wir werden trotzdem mit Euch zusammen kommen. Mit unseren Wortbeiträgen werden unsere Stimmen an den vielen Orten zu hören sein, an denen Gedenken stattfindet. Auf den Friedhöfen in Offenbach und Dietzenbach werden wir gemeinsam gedenken. Am Nachmittag ab 16 Uhr organisiert das Hanauer Jugendbündnis eine Demonstration, die am Marktplatz beginnt. Vor allem abends von 21:30 bis 22:30 Uhr an den beiden Tatorten am Heumarkt und am Kurt-Schumacher-Platz werden wir zusammen sein.
Am 19. Februar ist der rassistische Anschlag in Hanau zwei Jahre her.
Wir haben unsere Forderungen in die Öffentlichkeit getragen und mit euch gemeinsamen Druck entwickelt, um sie durchzusetzen. Für angemessene Erinnerung, soziale Gerechtigkeit, lückenlose Aufklärung und politische Konsequenzen.
Auf dieser Seite informieren wir euch zu Aktionen zum 2. Jahrestag des rassistischen Anschlags.
Hier findet ihr den Unterstützungsaufruf vom 19.01.2022:
Hier sind die aktuellen Plakate zur Mobilisierung in euren Städten:
Und hier weiteres Palakatmaterial:
#HANAUISTÜBERALL
Aktuell sind in folgenden Städten Aktionen, Demos und Gedenkkungebungen geplant, wir aktualisieren diese Liste fortlaufend:
Audiofiles
Für die Gedenkkundgebungen in euren Städten haben wir Audio-Files zusammengestellt, die hier runtergeladen und auf den lokalen Veranstaltungen abgespielt werden können.
(Für den Download bitte Rechtsklick auf den Titel unter dem Player und „Ziel speichern unter“)
In und aus Hanau findet am 19.02.22 folgendes statt:
13 Uhr Gedenken Neuer Friedhof Offenbach am Main
14:30 Uhr Gedenken Friedhof Dietzenbach
16 Uhr Demonstration Hanau Marktplatz
21:30 Uhr Gedenken am Heumarkt und am Kurt Schumacher-Platz.
Wir bitten die aktuellen Hygiene- und Abstandsregelungen einzuhalten. Die zentrale Gedenkstunde ist nur für geladene Gäste und wird live im HR-Fernsehen übertragen.
#saytheirnames — Newsletter der Initiative 19. Februar Hanau
Nr. 6 — Januar 2022
Liebe Freundinnen und Freunde,
es waren einmal mehr sehr starke Stimmen der Angehörigen und Überlebenden aus Hanau, die im Dezember 2021 die Anwesenden im Wiesbadener Untersuchungsausschuss (UNA) und über die Medien auch die weitere Öffentlichkeit bewegt und beeindruckt haben. Wer die bislang insgesamt neun Stellungnahmen und Aussagen über die drei Termine hinweg im Zusammenhang verfolgt hat, konnte sich bereits ein gleichermaßen umfassendes wie erschütterndes Bild vom Versagen der Behörden und der Polizei vor, in und nach der Tatnacht des 19.02.2020 in Hanau machen. Zudem haben Angehörige das erste Gutachten von Forensic Architecture, einer unabhängigen Ermittlungsagentur, in die Beweisaufnahme eingeführt: eine Video-Rekonstruktion zum zweiten Tatort, die belegt, dass für fünf Personen in der Arena-Bar, von denen zwei ermordet und zwei schwer verletzt wurden, die Zeit ausgereicht hätte, durch den Notausgang zu fliehen – wenn dieser denn offen gewesen wäre. Zu den drei ersten Sitzungstagen und zum Gutachten mehr auf den folgenden Seiten.
Am Freitag, dem 21. Januar 2022 findet die zunächst letzte der vier Sitzungen statt, in der weitere drei Betroffene Zeugnis ablegen. Erneut wird aus diesem Anlass um 8.30 Uhr eine Mahnwache mit Kundgebung direkt vor dem Landtag stattfinden. Wir wollen den Angehörigen unsere fortgesetzte Solidarität zeigen in ihrem Kampf um lückenlose Aufklärung.
Bereits am Montag, dem 24. Januar folgt ein nächster Sitzungstag des UNA, am 7. sowie 18. Februar 2022 dann zwei weitere Termine – noch vor dem zweiten Jahrestag des rassistischen Terroranschlages von Hanau. Im Jahr 2022 sind insgesamt ca. 20 UNA-Sitzungen terminiert.
Als Initiative 19. Februar werden wir diese kontinuierlich beobachten und gemeinsam mit anderen Initiativen aus der Region regelmäßige Mahnwachen mit Informationsständen organisieren.
Wer mehr und aktuelles wissen oder wer sich an den Mahnwachen beteiligen möchte, bitte gerne melden.
Den vollständigen Newsletter findet ihr hier zum Download, Ausdrucken und Weiterverbreiten.
Untersuchungsausschuss am 3. Dezember – Tag 1
Etwa 100 Menschen haben sich um 8.30 Uhr morgens vor dem Eingang zum hessischen Landtag versammelt: zur Mahnwache mit Kundgebung zur Unterstützung der Angehörigen, die an diesem Tag erstmals vor dem Untersuchungsausschuss zum Hanauer Anschlag aussagten. In einem einführenden Redebeitrag wurde über den absehbaren Ablauf dieses und der folgenden Sitzungstage informiert. Rund um einen Informationstisch hingen Plakate und Fotos mit den Gesichtern der Ermordeten, dazu zwei große Banner mit den vier Forderungen der Initiative: Erinnerung, Gerechtigkeit, Aufklärung, Konsequenzen.
Die erste öffentliche Sitzung fand viel mediale Aufmerksamkeit, Journalisten und Kamerateams waren außerhalb und innerhalb des Landtags im Einsatz.
Vaska Zlateva, die Cousine von Kaloyan Velkov, dem ersten Opfer am Heumarkt, sagte als erste Zeugin aus. Sie thematisierte den bislang wenig beachteten Umstand, dass von den ersten Schüssen bis zum Auffinden der Leiche von Kaloyan über 25 Minuten vergangen sind. Sie stellte die Frage, warum es so lange gedauert und was das zu bedeuten hat. In der Befragung durch die Abgeordneten macht sie nochmal deutlich, dass sie in der Nacht und auch den nächsten Tagen weder über den Todeszeitpunkt, noch über den Ablauf in der La Votre Bar oder über die Obduktion, sowie über die Möglichkeiten für einen rechtlichen Beistand informiert wurde. Und sie beendet ihr Statement mit einer klaren Ansage: “Ich möchte, dass alle, die Fehler gemacht haben in der Tatnacht und danach, bestraft werden, ich möchte, dass man sich für diese Fehler entschuldigt.“
Hayrettin Saraçoğlu, der Bruder von Fatih, folgte als zweiter Zeuge. Auch er bestätigt, dass es über Tage nicht möglich war, von Behörden Informationen zum Tatablauf und zu seinem toten Bruder zu erhalten. Er thematisierte, wie belastend es war, dass er ein Jahr nach der Tat Gewebeproben seines Bruders ausgehändigt bekam und wie einsam er sich dabei fühlte. Schließlich klagte Hayrettin an – nachdem AfD-Abgeordnete Nachfragen gestellt hatten – dass rassistische Kampagnen, wie insbesondere von der AfD gegen Shisha-Bars, den Boden für solche Anschläge wie in Hanau bereitet hatten
Diana Sokoli, die Lebensgefährtin von Fatih, trat als letzte Zeugin an diesem ersten Sitzungstag auf. Sie beschrieb die schreckliche Situation am Heumarkt und dann in der Turnhalle in Hanau-Lamboy, zu der sie wie viele andere Angehörige in dieser Nacht gebracht wurde. Alle mussten ewig warten, um dann – von einer Liste abgelesen – die gesammelte Todesnachricht zu erhalten. Danach gab es über Tage keine klaren Informationen, keinen Ansprechpartner. Schließlich auch ihre Frage an Polizei und Behörden: „Ein Nazi der im Internet war, mit Waffenschein, wie konnte man das nicht verhindern“.
Untersuchungsausschuss am 17. Dezember – Tag 2
Erneut hatte die Initiative 19. Februar am frühen Morgen zur Mahnwache aufgerufen, erneut waren vor dem Landtag auch viele Medien vertreten. Zusätzlich zum Infostand und Transparenten wurde eine große Tafel mit zehn Plakaten zu den zehn zentralen offenen Fragen des Untersuchungs-ausschusses aufgestellt. In einem kurzen Redebeitrag wurde zunächst die Einstellung des Verfahrens wegen Mittäterschaft durch den Generalbundesanwalt kommentiert. Anschließend erläuterte Björn Elberling, der Rechtsanwalt von Familie Păun bezüglich der Nichterreichbarkeit des Notrufs, warum er der Einstellung des Verfahrens durch die Hanauer Staatsanwaltschaft widerspricht. Dazu würde später Niculescu Păun vor dem UNA aussagen. Doch zunächst wurde die erste Zeugin mit Durchsagen und Applaus in den Landtag verabschiedet.
Emiş Gürbüz eröffnete den Sitzungstag und schildert zunächst, welche Lücke die Ermordung ihres Sohnes Sedat in ihrer Familie gerissen hat und kritisiert das unmenschliche Obduktionsverfahren. Sie beschreibt ihren Kampf um eine würdige Erinnerung in Dietzenbach und trägt ihre zentrale Frage vor: „Wann wollt Ihr endlich lernen? Ihr habt schon so lange gewartet, als mein Kind ermordet wurde. Seit den 80er/90er Jahren sind so viele rassistische Morde passiert in Deutschland. Ich bin sicher: die Morde in Hanau wären nicht geschehen, wenn daraus gelernt worden wäre.“
Als zweiter Zeuge dieses Tages folgt Niculescu Păun, der Vater von Vili. Er beschreibt zunächst die Nacht und den Vormittag des 20.Februar und wie er und seine Frau ihren Sohn suchen. Kein Polizist, keine Behörde informiert sie über den Tod von Vili und auch in den Tagen und Wochen danach: keinerlei Aufklärung über den Tatablauf. Vielmehr muss Nicu Păun selbst herausfinden, dass Vili mehrfach versucht hatte, über die 110 die Polizei zu erreichen und nicht durchkam. Umfassend zeichnet er nach, wie das Notrufversagen zunächst vertuscht, dann teilweise zugegeben und schließlich aber ein Prüfverfahren der Staatsanwaltschaft eingestellt werden sollte. Nicu Păun nennt die Namen der Verantwortlichen, die im weiteren Verlauf des UNA als Zeugen zu diesem offensichtlichen Organisationsversagen geladen werden sollten und überreicht den Abgeordneten entsprechende Unterlagen.
Saida Hashemi, die Schwester von Said Nesar, ist die letzte Zeugin dieses zweiten Sitzungstages und sie trägt in kompakter Form ihre Erlebnisse in der Tatnacht und danach vor. Auch ihre Familie wurde über eine Woche im Unklaren darüber gelassen, was mit der Leiche von Said Nesar passiert und wo sie sich befindet. Über mehrere Monate müssen sie dafür kämpfen, das konfiszierte Handy ihres Bruders zurückzubekommen und dann waren alle Daten gelöscht. Einmal mehr ohne jede Erklärung. Sie beendet ihr Statement mit den folgenden Fragen: „Warum wurden die Familien im Ungewissen gelassen? Warum gab es keine Aufklärung warum, wann, was passierte? Wie kann es sein, dass der Täter legal Waffen besitzen konnte?“
Untersuchungsausschuss am 20. Dezember – Tag 3
Die Mahnwache beginnt erneut mit einer kurzen Kundgebung, während Journalist:innen ihre ersten Interviews starten. An diesem dritten öffentlichen Sitzungstag wird der verschlossene Notausgang beim zweiten Tatort im Mittelpunkt von zwei Zeugenaussagen stehen.
Said Etris Hashemi startet als erster Zeuge und beginnt seine Erklärung mit einer eindrücklichen Schilderung dessen, was er am 19.02.2020 in der Arena-Bar erleben musste und wie die Nacht nur knapp überlebte. Denn er wurde von zwei Kugeln des Mörders getroffen, versuchte dennoch anderen Betroffenen zu helfen und war damit konfrontiert, dass die eintreffende Polizei ihn nach dem Ausweis fragte und der Rettungswagen erst verspätet Richtung Krankenhaus losfahren durfte. Im zweiten Teil seiner Ausführungen stellte Etris Hashemi ein neues Gutachten von Forensic Architecture vor, welches mittels einer Video-Rekonstruktion belegte, was er selbst in den Monaten nach dem Anschlag immer wieder betont hatte: wäre der Notausgang offen gewesen, hätten sie es nach draußen schaffen und fliehen können. Weil dieser aber in der Regel verschlossen war und das auch alle wussten, saßen sie in der Falle.
Zur Armin Kurtovićs Zeugenaussage verweisen wir auf den Zeitungsartikel der Frankfurter Rundschau:
https://www.fr.de/frankfurt/wir-wurden-wie-am-fliessband-abgefertigt-91191930.html
Eine Auswahl der Presseberichte zum Untersuchungsausschuss ist auf der Website der Initiative 19. Februar zu finden: https://19feb-hanau.org/in-der-presse/
Forensic Architecture/Forensis
Auszüge aus dem Gutachten zum Notausgang
Im Folgenden einige Auszüge aus dem Methodenbericht der unabhängigen Ermittlungsagentur, deren Rekonstruktion zum zweiten Tatort von Etris Hashemi am 20.12.2021 im Untersuchungs-ausschuss vorgestellt und an die Abgeordneten übergeben wurde. Viele Medien haben dieses neue Gutachten in ihrer Berichterstattung aufgegriffen.
„Forensic Architecture (FA) wurde zusammen mit ihrer in Berlin sitzenden Schwesterorganisation FORENSIS von der ‚Initiative 19. Februar,‘ sowie der Anwältin von Familie Gültekin damit beauftragt, eine Reihe von Fragen im Zusammenhang mit den Anschlägen zu untersuchen.
(…) Unsere Recherche (will) folgende Frage beantworten:
Wenn die Personen, die sich am 19. Februar 2020 um 22.00 Uhr in der Arena Bar aufhielten, zum Notausgang gelaufen wären, hätten sie dann genug Zeit gehabt, um zu entkommen?
Um diese Frage zu beantworten, hat FA eine Kopie der Aufnahmen der Überwachungskameras aus der Arena Bar vom Zeitpunkt des Angriffes ausgewertet. Das Videomaterial besteht aus Aufnahmen von sechs verschiedenen Kameras, die in der Arena Bar und dem benachbarten Kiosk angebracht waren. Die in diesem Dokument dargelegte Recherche basiert auf einer umfassenden Analyse dieses Filmmaterials. (…)“
FA hat in einer sehr eingehenden Untersuchung die Laufpfade der fünf Personen rekonstruiert, diese dann in Richtung des Notausgangs gespiegelt und bis zu dem Zeitpunkt, an dem der Täter die Bar betrat, verlängert. FA kommt in dieser beeindruckenden Recherche zu folgendem Fazit:
„Unser hypothetisches Szenario zeigt, dass:
wenn der Notausgang am Abend des Anschlages offen gewesen ist und wenn die fünf jungen Männer in der Arena Bar am Abend des Anschlages statt zum hinteren Teil der Bar (22:00:23) sich zum gleichen Zeitpunkt zum Notausgang bewegt hätten und dabei ähnlich schnell wie bei den realen Ereignissen gewesen wären, dann wären zum Zeitpunkt, an dem der Täter die Bar betreten hat (22:00:32), vier der fünf Personen komplett außerhalb seines Sichtfeldes gewesen. Er hätte den Bruchteil einer Sekunde (ca. 0.2s) Zeit gehabt, um auf die letzte flüchtende Person zu zielen und zu schießen, bevor auch diese aus seinem Sichtfeld verschwunden gewesen wäre.
Den Behauptungen der Hanauer Staatsanwaltschaft widersprechend zeigt unsere Analyse:
Alle fünf Personen hatten genug Zeit, um durch den Notausgang zu entkommen. Wenn der Notausgang offen gewesen ist, und sie das gewusst hätten, dann hätten sie alle den Anschlag überleben können.
Dieses Ergebnis unterstreicht noch einmal, wie wichtig eine gründliche und erschöpfende Untersuchung der allgemeineren Fragen ist, die im Zusammen-hang mit der Arena Bar entstanden sind.
Die wichtigste Frage ist dabei natürlich, ob der Notausgang an jenem Abend wirklich versperrt war – und, falls ja, wie das passieren konnte.
Darüber hinaus wird deutlich, dass der vorherige Umgang der Polizei und anderer Behörden mit der Arena Bar und ihren Besitzern genauer beleuchtet werden sollten, nicht zuletzt wegen der Anschuldigung, dass dieser Umgang dazu beigetragen haben könnten, dass der Notausgang am Tatabend des 19. Februar 2020 versperrt war oder für versperrt gehalten wurde.“
Der gesamte Methodenbericht sowie die Video-Rekonstruktion können unter folgendem Link nachgelesen und angesehen werden:
https://forensic-architecture.org/investigation/hanau-the-arena-bar
Im gleichen Zusammenhang, nämlich für die bestmögliche juristische und forensische Unterstützung der Familien von Hanau, hat die Initiative 19. Februar Hanau eine neue Spendenkampagne „Für lückenlose Aufklärung“ gestartet. Sie findet sich unter folgendem Link:
(Ohne) Konsequenzen
Zur Einstellung des Verfahrens durch den Generalbundesanwalt
Am 16.12.2021 erscheinen am Vormittag erste Artikel in den Medien, denen entsprechend der Generalbundesanwalt (GBA) ankündigt, die Ermittlungen zu Hanau einzustellen. In der entsprechenden Pressemitteilung aus Karlsruhe wurde formuliert: „Nach Ausschöpfung aller relevanten Ermittlungsansätze haben sich keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für eine Beteiligung weiterer Personen als Mittäter, Anstifter, Gehilfen oder Mitwisser ergeben.“ Zum Vater des Täters wird am Ende des Textes ausgeführt: „Ein in erheblichem Umfang übereinstimmendes Weltbild von Vater und Sohn mit extremistischen und verschwörungstheoretischen Tendenzen vermag weder für sich alleine noch mit der vorgenannten zu Tage getretenen Einflussnahme eine Teilnahme oder Mitwisserschaft zu begründen.“
Dazu hat die Initiative 19. Februar am gleichen Tag eine kurze Stellungnahme veröffentlicht, die wir hier dokumentieren:
„(1) Die Generalbundesanwaltschaft (GBA) war ausschließlich mit den Ermittlungen gegen mögliche Mittäter, Mitwisser oder Beihelfer des rassistischen Mörders von Hanau befasst. Wir sehen nicht, dass die Rolle des Vaters des Täters in der Tatnacht ausermittelt ist. Vielmehr haben sich im Zusammenhang mit dem Prozess im Oktober 2021 wegen Beleidigungen des Vaters neue Hinweise darauf ergeben, wie offensiv der Vater das rassistische Weltbild seines Sohnes teilt.
(2) Alle unsere Vorhaltungen, Fragen und Kritiken am polizeilichen und behördlichen Versagen vor, in und nach der Tatnacht waren kein Teil der GBA-Ermittlungen. Insbesondere die Waffenerlaubnisse für den Täter, die Nichterreichbarkeit des polizeilichen Notrufs, der verschlossene Notausgang am zweiten Tatort und die verspätete Stürmung des Täterhauses inklusive der Fragen nach der Rolle rechtsextremistischer SEK-Polizisten in Hanau liegen in der Verantwortung der hessischen Landesregierung und müssen hier aufgeklärt werden.
(3) All diese genannten Versagensfragen stehen im Mittelpunkt des Untersuchungsausschusses im hessischen Landtag, der am morgigen Freitag, 17.12., sowie am Montag, 20.12.2021, mit weiteren Zeug:innenaussagen der Angehörigen und Überlebenden fortgesetzt wird. Morgen werden u.a. das Organisationsversagen bezüglich des polizeilichen Notrufs und am Montag der verschlossene Notausgang im Mittelpunkt der öffentlichen Sitzungen stehen.
Initiative 19. Februar Hanau am 16. Dezember 2021“
Gerechtigkeit
Erste Auszahlungen aus dem hessischen Opferfond
Kurz vor Weihnachten 2021 also rund 22 Monate nach den rassistischen Morden von Hanau haben die Familien der Opfer vom 19. Februar 2020 eine Entschädigungszahlung von der Landesregierung erhalten. Bis dahin hatten sie aus Wiesbaden keinen Cent an finanzieller Unterstützung bekommen.
Fast genau ein Jahr zuvor, im Dezember 2020, hatten die Initiative 19. Februar Hanau, die Beratungsstelle Response aus Frankfurt sowie der Dachverband der Opferberatungsstellen (VBRG) aus Berlin begonnen, Parteienvertreter:innen in Wiesbaden aufzufordern, zur finanziellen Absicherung der Angehörigen und Überlebenden des Anschlags von Hanau einen Fond für Opfer rassistischer Gewalt einzurichten. Im Laufe der folgenden Monate hatten dies auch der Oberbürgermeister der Stadt Hanau mit allen Parteienvertreter:innen sowie bis Mai 2021 über 55.000 Unterzeichner:innen eines entsprechenden Aufrufs unterstützt. Bereits Ende Januar 2021 wurden zwar zwei Millionen Euro für einen allgemeinen Opferfond im Haushalt bereitgestellt, doch es blieb in der noch vagen Umschreibung völlig unklar, wieviel davon die Hanauer Angehörigen erhalten würden. Die Enthüllungen zum Anfang des Jahres (Stichwort: Notrufversagen), die große öffentliche Aufmerksamkeit für die Kette des Versagens bei Behörden und Polizei rund um den ersten Jahrestag, schließlich im Juni 2021 die notgedrungene Auflösung der rassistisch durchsetzen SEK-Einheit in Frankfurt, von der 13 Polizisten in Hanau im Einsatz waren: das alles erhöhte den Druck auf die Politik auch in Sachen Opferfond. Es dauerte dann weitere fünf Monate und benötigte nochmalige öffentliche Ermahnungen, bis die bürokratischen Strukturen eingerichtet und die Auszahlungen in Gang gekommen sind.
Erinnerung
Der zweite Jahrestag am
19. Februar 2022
Bereits in wenigen Wochen jährt sich der rassistische Anschlag von Hanau zum zweiten Mal. Der 19. Februar 2022 fällt auf einen Samstag. Für Hanau laden wir zu einer regionalen Demonstration ein. Zum Jahrestag wünschen wir uns dezentral in vielen Städten Gedenkaktionen und Kundgebungen.
Die Demonstration in Hanau soll nach bisherigem Planungsstand (Stand 12. Januar) am 19.02.22 um 16 Uhr mit einer Kundgebung auf dem Marktplatz beginnen und wird zwei bis drei Stunden dauern.
Am späteren Abend wird es dann wie im letzten Jahr – also zwischen 21.30 und ca. 22.30 Uhr – an den beiden Tatorten Heumarkt und Kurt-Schumacher-Platz parallele Gedenken mit Kerzenmeer und Blumen geben.
Für den Vormittag ist eine Andacht auf dem Friedhof in Planung, und es wird hoffentlich bereits in den Tagen zuvor sowie danach vielfältige Aktivitäten in Hanau geben.
Termine
Ausstellung des Hanauer Kulturvereins in der Remisen-Galerie im Schloss Philippsruhe
Ausstellung und gemeinsame Veranstaltungen des Hanauer Kulturvereins und der Initiative 19. Februar zu den Internationalen Wochen gegen Rassismus
Foto- und Buchprojekt von Jasper Kettner und Ibrahim Arslan: “Die Angehörigen“
In der Fotoausstellung werden Fotos von Familienmitgliedern, Freund*innen und Pat*innen von Menschen gezeigt, die aus rassistischen Gründen ermordet wurden. Nicht die Täter*innen, sondern die Opfer sollen in Erinnerung bleiben. In den ausliegenden Büchern können sich die Besucher*innen näher mit der Geschichte der Verstorbenen und der Hinterbliebenen auseinandersetzen.
Öffnungszeiten: samstags und sonntags 14.00 bis 17.00 Uhr, Eintritt frei
Vernissage am 12. Februar 2022
Zur Vernissage spricht Saida Hashemi, Schwester des ermordeten Nesar Hashemi und des Überlebenden Etris Hashemi.
Informationsabend zum Untersuchungsausschuss am Dienstag, den 22. Februar 2022, 18 Uhr
Finissage am 27. Februar 2022
Zur Finissage gibt es eine Diskussionsrunde unter der Leitung von Joachim Volke: „Ist die Demokratie machtlos/hilflos gegen Rassismus?“
Einführungsgedicht: Melis Ntente, Preisträgerin des HR2 Kulturpreises 2020
Veranstaltungsort: Remisengalerie des Hanauer Kulturvereins und anschließender Kassettensaal, rechtes Torgebäude des Schlosses Philippsruhe, Hanau, Philippsruher Allee 45, 63454 Hanau
Internationale Wochen gegen Rassismus
Globaler Veranstaltungszeitraum: 14.-27. März 2022
In Hanau als Sonderfall beginnt der Projektzeitraum bereits am 19. Februar.
Alle Infos zu Veranstaltungen im Rahmen der Internationalen Wochen gegen Rassismus in Hanau finden sich unter https://www.wgr-hanau.de
#saytheirnames —
Newsletter der Initiative 19. Februar Hanau
Nr. 6 — Januar 2022
Liebe Freundinnen und Freunde,
es waren einmal mehr sehr starke Stimmen der Angehörigen und Überlebenden aus Hanau, die im Dezember 2021 die Anwesenden im Wiesbadener Untersuchungsausschuss (UNA) und über die Medien auch die weitere Öffentlichkeit bewegt und beeindruckt haben. Wer die bislang insgesamt neun Stellungnahmen und Aussagen über die drei Termine hinweg im Zusammenhang verfolgt hat, konnte sich bereits ein gleichermaßen umfassendes wie erschütterndes Bild vom Versagen der Behörden und der Polizei vor, in und nach der Tatnacht des 19.02.2020 in Hanau machen. Zudem haben Angehörige das erste Gutachten von Forensic Architecture, einer unabhängigen Ermittlungsagentur, in die Beweisaufnahme eingeführt: eine Video-Rekonstruktion zum zweiten Tatort, die belegt, dass für fünf Personen in der Arena-Bar, von denen zwei ermordet und zwei schwer verletzt wurden, die Zeit ausgereicht hätte, durch den Notausgang zu fliehen – wenn dieser denn offen gewesen wäre. Zu den drei ersten Sitzungstagen und zum Gutachten mehr auf den folgenden Seiten.
Am Freitag, dem 21. Januar 2022 findet die zunächst letzte der vier Sitzungen statt, in der weitere drei Betroffene Zeugnis ablegen. Erneut wird aus diesem Anlass um 8.30 Uhr eine Mahnwache mit Kundgebung direkt vor dem Landtag stattfinden. Wir wollen den Angehörigen unsere fortgesetzte Solidarität zeigen in ihrem Kampf um lückenlose Aufklärung.
Bereits am Montag, dem 24. Januar folgt ein nächster Sitzungstag des UNA, am 7. sowie 18. Februar 2022 dann zwei weitere Termine – noch vor dem zweiten Jahrestag des rassistischen Terroranschlages von Hanau. Im Jahr 2022 sind insgesamt ca. 20 UNA-Sitzungen terminiert.
Als Initiative 19. Februar werden wir diese kontinuierlich beobachten und gemeinsam mit anderen Initiativen aus der Region regelmäßige Mahnwachen mit Informationsständen organisieren.
Wer mehr und aktuelles wissen oder wer sich an den Mahnwachen beteiligen möchte, bitte gerne melden.
Untersuchungsausschuss am 3. Dezember – Tag 1
Etwa 100 Menschen haben sich um 8.30 Uhr morgens vor dem Eingang zum hessischen Landtag versammelt: zur Mahnwache mit Kundgebung zur Unterstützung der Angehörigen, die an diesem Tag erstmals vor dem Untersuchungsausschuss zum Hanauer Anschlag aussagten. In einem einführenden Redebeitrag wurde über den absehbaren Ablauf dieses und der folgenden Sitzungstage informiert. Rund um einen Informationstisch hingen Plakate und Fotos mit den Gesichtern der Ermordeten, dazu zwei große Banner mit den vier Forderungen der Initiative: Erinnerung, Gerechtigkeit, Aufklärung, Konsequenzen.
Die erste öffentliche Sitzung fand viel mediale Aufmerksamkeit, Journalisten und Kamerateams waren außerhalb und innerhalb des Landtags im Einsatz.
Vaska Zlateva, die Cousine von Kaloyan Velkov, dem ersten Opfer am Heumarkt, sagte als erste Zeugin aus. Sie thematisierte den bislang wenig beachteten Umstand, dass von den ersten Schüssen bis zum Auffinden der Leiche von Kaloyan über 25 Minuten vergangen sind. Sie stellte die Frage, warum es so lange gedauert und was das zu bedeuten hat. In der Befragung durch die Abgeordneten macht sie nochmal deutlich, dass sie in der Nacht und auch den nächsten Tagen weder über den Todeszeitpunkt, noch über den Ablauf in der La Votre Bar oder über die Obduktion, sowie über die Möglichkeiten für einen rechtlichen Beistand informiert wurde. Und sie beendet ihr Statement mit einer klaren Ansage: “Ich möchte, dass alle, die Fehler gemacht haben in der Tatnacht und danach, bestraft werden, ich möchte, dass man sich für diese Fehler entschuldigt.“
Hayrettin Saraçoğlu, der Bruder von Fatih, folgte als zweiter Zeuge. Auch er bestätigt, dass es über Tage nicht möglich war, von Behörden Informationen zum Tatablauf und zu seinem toten Bruder zu erhalten. Er thematisierte, wie belastend es war, dass er ein Jahr nach der Tat Gewebeproben seines Bruders ausgehändigt bekam und wie einsam er sich dabei fühlte. Schließlich klagte Hayrettin an – nachdem AfD-Abgeordnete Nachfragen gestellt hatten – dass rassistische Kampagnen, wie insbesondere von der AfD gegen Shisha-Bars, den Boden für solche Anschläge wie in Hanau bereitet hatten.
Diana Sokoli, die Lebensgefährtin von Fatih, trat als letzte Zeugin an diesem ersten Sitzungstag auf. Sie beschrieb die schreckliche Situation am Heumarkt und dann in der Turnhalle in Hanau-Lamboy, zu der sie wie viele andere Angehörige in dieser Nacht gebracht wurde. Alle mussten ewig warten, um dann – von einer Liste abgelesen – die gesammelte Todesnachricht zu erhalten. Danach gab es über Tage keine klaren Informationen, keinen Ansprechpartner. Schließlich auch ihre Frage an Polizei und Behörden: „Ein Nazi der im Internet war, mit Waffenschein, wie konnte man das nicht verhindern“.
Untersuchungsausschuss am 17. Dezember – Tag 2
Erneut hatte die Initiative 19. Februar am frühen Morgen zur Mahnwache aufgerufen, erneut waren vor dem Landtag auch viele Medien vertreten. Zusätzlich zum Infostand und Transparenten wurde eine große Tafel mit zehn Plakaten zu den zehn zentralen offenen Fragen des Untersuchungs-ausschusses aufgestellt. In einem kurzen Redebeitrag wurde zunächst die Einstellung des Verfahrens wegen Mittäterschaft durch den Generalbundesanwalt kommentiert. Anschließend erläuterte Björn Elberling, der Rechtsanwalt von Familie Păun bezüglich der Nichterreichbarkeit des Notrufs, warum er der Einstellung des Verfahrens durch die Hanauer Staatsanwaltschaft widerspricht. Dazu würde später Niculescu Păun vor dem UNA aussagen. Doch zunächst wurde die erste Zeugin mit Durchsagen und Applaus in den Landtag verabschiedet.
Emiş Gürbüz eröffnete den Sitzungstag und schildert zunächst, welche Lücke die Ermordung ihres Sohnes Sedat in ihrer Familie gerissen hat und kritisiert das unmenschliche Obduktionsverfahren. Sie beschreibt ihren Kampf um eine würdige Erinnerung in Dietzenbach und trägt ihre zentrale Frage vor: „Wann wollt Ihr endlich lernen? Ihr habt schon so lange gewartet, als mein Kind ermordet wurde. Seit den 80er/90er Jahren sind so viele rassistische Morde passiert in Deutschland. Ich bin sicher: die Morde in Hanau wären nicht geschehen, wenn daraus gelernt worden wäre.“
Als zweiter Zeuge dieses Tages folgt Niculescu Păun, der Vater von Vili. Er beschreibt zunächst die Nacht und den Vormittag des 20.Februar und wie er und seine Frau ihren Sohn suchen. Kein Polizist, keine Behörde informiert sie über den Tod von Vili und auch in den Tagen und Wochen danach: keinerlei Aufklärung über den Tatablauf. Vielmehr muss Nicu Păun selbst herausfinden, dass Vili mehrfach versucht hatte, über die 110 die Polizei zu erreichen und nicht durchkam. Umfassend zeichnet er nach, wie das Notrufversagen zunächst vertuscht, dann teilweise zugegeben und schließlich aber ein Prüfverfahren der Staatsanwaltschaft eingestellt werden sollte. Nicu Păun nennt die Namen der Verantwortlichen, die im weiteren Verlauf des UNA als Zeugen zu diesem offensichtlichen Organisationsversagen geladen werden sollten und überreicht den Abgeordneten entsprechende Unterlagen.
Saida Hashemi, die Schwester von Said Nesar, ist die letzte Zeugin dieses zweiten Sitzungstages und sie trägt in kompakter Form ihre Erlebnisse in der Tatnacht und danach vor. Auch ihre Familie wurde über eine Woche im Unklaren darüber gelassen, was mit der Leiche von Said Nesar passiert und wo sie sich befindet. Über mehrere Monate müssen sie dafür kämpfen, das konfiszierte Handy ihres Bruders zurückzubekommen und dann waren alle Daten gelöscht. Einmal mehr ohne jede Erklärung. Sie beendet ihr Statement mit den folgenden Fragen: „Warum wurden die Familien im Ungewissen gelassen? Warum gab es keine Aufklärung warum, wann, was passierte? Wie kann es sein, dass der Täter legal Waffen besitzen konnte?“
Untersuchungsausschuss am 20. Dezember – Tag 3
Die Mahnwache beginnt erneut mit einer kurzen Kundgebung, während Journalist:innen ihre ersten Interviews starten. An diesem dritten öffentlichen Sitzungstag wird der verschlossene Notausgang beim zweiten Tatort im Mittelpunkt von zwei Zeugenaussagen stehen.
Said Etris Hashemi startet als erster Zeuge und beginnt seine Erklärung mit einer eindrücklichen Schilderung dessen, was er am 19.02.2020 in der Arena-Bar erleben musste und wie die Nacht nur knapp überlebte. Denn er wurde von zwei Kugeln des Mörders getroffen, versuchte dennoch anderen Betroffenen zu helfen und war damit konfrontiert, dass die eintreffende Polizei ihn nach dem Ausweis fragte und der Rettungswagen erst verspätet Richtung Krankenhaus losfahren durfte. Im zweiten Teil seiner Ausführungen stellte Etris Hashemi ein neues Gutachten von Forensic Architecture vor, welches mittels einer Video-Rekonstruktion belegte, was er selbst in den Monaten nach dem Anschlag immer wieder betont hatte: wäre der Notausgang offen gewesen, hätten sie es nach draußen schaffen und fliehen können. Weil dieser aber in der Regel verschlossen war und das auch alle wussten, saßen sie in der Falle.
Zur Armin Kurtovićs Zeugenaussage verweisen wir auf den Zeitungsartikel der Frankfurter Rundschau:
https://www.fr.de/frankfurt/wir-wurden-wie-am-fliessband-abgefertigt-91191930.html
Eine Auswahl der Presseberichte zum Untersuchungsausschuss ist auf der Website der Initiative 19. Februar zu finden: https://19feb-hanau.org/in-der-presse/
Forensic Architecture/Forensis
Auszüge aus dem Gutachten zum Notausgang
Im Folgenden einige Auszüge aus dem Methodenbericht der unabhängigen Ermittlungsagentur, deren Rekonstruktion zum zweiten Tatort von Etris Hashemi am 20.12.2021 im Untersuchungs-ausschuss vorgestellt und an die Abgeordneten übergeben wurde. Viele Medien haben dieses neue Gutachten in ihrer Berichterstattung aufgegriffen.
„Forensic Architecture (FA) wurde zusammen mit ihrer in Berlin sitzenden Schwesterorganisation FORENSIS von der ‚Initiative 19. Februar,‘ sowie der Anwältin von Familie Gültekin damit beauftragt, eine Reihe von Fragen im Zusammenhang mit den Anschlägen zu untersuchen.
(…) Unsere Recherche (will) folgende Frage beantworten:
Wenn die Personen, die sich am 19. Februar 2020 um 22.00 Uhr in der Arena Bar aufhielten, zum Notausgang gelaufen wären, hätten sie dann genug Zeit gehabt, um zu entkommen?
Um diese Frage zu beantworten, hat FA eine Kopie der Aufnahmen der Überwachungskameras aus der Arena Bar vom Zeitpunkt des Angriffes ausgewertet. Das Videomaterial besteht aus Aufnahmen von sechs verschiedenen Kameras, die in der Arena Bar und dem benachbarten Kiosk angebracht waren. Die in diesem Dokument dargelegte Recherche basiert auf einer umfassenden Analyse dieses Filmmaterials. (…)“
FA hat in einer sehr eingehenden Untersuchung die Laufpfade der fünf Personen rekonstruiert, diese dann in Richtung des Notausgangs gespiegelt und bis zu dem Zeitpunkt, an dem der Täter die Bar betrat, verlängert. FA kommt in dieser beeindruckenden Recherche zu folgendem Fazit:
„Unser hypothetisches Szenario zeigt, dass:
wenn der Notausgang am Abend des Anschlages offen gewesen ist und wenn die fünf jungen Männer in der Arena Bar am Abend des Anschlages statt zum hinteren Teil der Bar (22:00:23) sich zum gleichen Zeitpunkt zum Notausgang bewegt hätten und dabei ähnlich schnell wie bei den realen Ereignissen gewesen wären,
dann wären zum Zeitpunkt, an dem der Täter die Bar betreten hat (22:00:32), vier der fünf Personen komplett außerhalb seines Sichtfeldes gewesen. Er hätte den Bruchteil einer Sekunde (ca. 0.2s) Zeit gehabt, um auf die letzte flüchtende Person zu zielen und zu schießen, bevor auch diese aus seinem Sichtfeld verschwunden gewesen wäre.
Den Behauptungen der Hanauer Staatsanwaltschaft widersprechend zeigt unsere Analyse:
Alle fünf Personen hatten genug Zeit, um durch den Notausgang zu entkommen. Wenn der Notausgang offen gewesen ist, und sie das gewusst hätten, dann hätten sie alle den Anschlag überleben können.
Dieses Ergebnis unterstreicht noch einmal, wie wichtig eine gründliche und erschöpfende Untersuchung der allgemeineren Fragen ist, die im Zusammen-hang mit der Arena Bar entstanden sind.
Die wichtigste Frage ist dabei natürlich, ob der Notausgang an jenem Abend wirklich versperrt war – und, falls ja, wie das passieren konnte.
Darüber hinaus wird deutlich, dass der vorherige Umgang der Polizei und anderer Behörden mit der Arena Bar und ihren Besitzern genauer beleuchtet werden sollten, nicht zuletzt wegen der Anschuldigung, dass dieser Umgang dazu beigetragen haben könnten, dass der Notausgang am Tatabend des 19. Februar 2020 versperrt war oder für versperrt gehalten wurde.“
Der gesamte Methodenbericht sowie die Video-Rekonstruktion können unter folgendem Link nachgelesen und angesehen werden:
https://forensic-architecture.org/investigation/hanau-the-arena-bar
Im gleichen Zusammenhang, nämlich für die bestmögliche juristische und forensische Unterstützung der Familien von Hanau, hat die Initiative 19. Februar Hanau eine neue Spendenkampagne „Für lückenlose Aufklärung“ gestartet. Sie findet sich unter folgendem Link:
(Ohne) Konsequenzen
Zur Einstellung des Verfahrens durch den Generalbundesanwalt
Am 16.12.2021 erscheinen am Vormittag erste Artikel in den Medien, denen entsprechend der Generalbundesanwalt (GBA) ankündigt, die Ermittlungen zu Hanau einzustellen. In der entsprechenden Pressemitteilung aus Karlsruhe wurde formuliert: „Nach Ausschöpfung aller relevanten Ermittlungsansätze haben sich keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für eine Beteiligung weiterer Personen als Mittäter, Anstifter, Gehilfen oder Mitwisser ergeben.“ Zum Vater des Täters wird am Ende des Textes ausgeführt: „Ein in erheblichem Umfang übereinstimmendes Weltbild von Vater und Sohn mit extremistischen und verschwörungstheoretischen Tendenzen vermag weder für sich alleine noch mit der vorgenannten zu Tage getretenen Einflussnahme eine Teilnahme oder Mitwisserschaft zu begründen.“
Dazu hat die Initiative 19. Februar am gleichen Tag eine kurze Stellungnahme veröffentlicht, die wir hier dokumentieren:
„(1) Die Generalbundesanwaltschaft (GBA) war ausschließlich mit den Ermittlungen gegen mögliche Mittäter, Mitwisser oder Beihelfer des rassistischen Mörders von Hanau befasst. Wir sehen nicht, dass die Rolle des Vaters des Täters in der Tatnacht ausermittelt ist. Vielmehr haben sich im Zusammenhang mit dem Prozess im Oktober 2021 wegen Beleidigungen des Vaters neue Hinweise darauf ergeben, wie offensiv der Vater das rassistische Weltbild seines Sohnes teilt.
(2) Alle unsere Vorhaltungen, Fragen und Kritiken am polizeilichen und behördlichen Versagen vor, in und nach der Tatnacht waren kein Teil der GBA-Ermittlungen. Insbesondere die Waffenerlaubnisse für den Täter, die Nichterreichbarkeit des polizeilichen Notrufs, der verschlossene Notausgang am zweiten Tatort und die verspätete Stürmung des Täterhauses inklusive der Fragen nach der Rolle rechtsextremistischer SEK-Polizisten in Hanau liegen in der Verantwortung der hessischen Landesregierung und müssen hier aufgeklärt werden.
(3) All diese genannten Versagensfragen stehen im Mittelpunkt des Untersuchungsausschusses im hessischen Landtag, der am morgigen Freitag, 17.12., sowie am Montag, 20.12.2021, mit weiteren Zeug:innenaussagen der Angehörigen und Überlebenden fortgesetzt wird. Morgen werden u.a. das Organisationsversagen bezüglich des polizeilichen Notrufs und am Montag der verschlossene Notausgang im Mittelpunkt der öffentlichen Sitzungen stehen.
Initiative 19. Februar Hanau am 16. Dezember 2021“
Gerechtigkeit
Erste Auszahlungen aus dem hessischen Opferfond
Kurz vor Weihnachten 2021 also rund 22 Monate nach den rassistischen Morden von Hanau haben die Familien der Opfer vom 19. Februar 2020 eine Entschädigungszahlung von der Landesregierung erhalten. Bis dahin hatten sie aus Wiesbaden keinen Cent an finanzieller Unterstützung bekommen.
Fast genau ein Jahr zuvor, im Dezember 2020, hatten die Initiative 19. Februar Hanau, die Beratungsstelle Response aus Frankfurt sowie der Dachverband der Opferberatungsstellen (VBRG) aus Berlin begonnen, Parteienvertreter:innen in Wiesbaden aufzufordern, zur finanziellen Absicherung der Angehörigen und Überlebenden des Anschlags von Hanau einen Fond für Opfer rassistischer Gewalt einzurichten. Im Laufe der folgenden Monate hatten dies auch der Oberbürgermeister der Stadt Hanau mit allen Parteienvertreter:innen sowie bis Mai 2021 über 55.000 Unterzeichner:innen eines entsprechenden Aufrufs unterstützt. Bereits Ende Januar 2021 wurden zwar zwei Millionen Euro für einen allgemeinen Opferfond im Haushalt bereitgestellt, doch es blieb in der noch vagen Umschreibung völlig unklar, wieviel davon die Hanauer Angehörigen erhalten würden. Die Enthüllungen zum Anfang des Jahres (Stichwort: Notrufversagen), die große öffentliche Aufmerksamkeit für die Kette des Versagens bei Behörden und Polizei rund um den ersten Jahrestag, schließlich im Juni 2021 die notgedrungene Auflösung der rassistisch durchsetzen SEK-Einheit in Frankfurt, von der 13 Polizisten in Hanau im Einsatz waren: das alles erhöhte den Druck auf die Politik auch in Sachen Opferfond. Es dauerte dann weitere fünf Monate und benötigte nochmalige öffentliche Ermahnungen, bis die bürokratischen Strukturen eingerichtet und die Auszahlungen in Gang gekommen sind.
Erinnerung
Der zweite Jahrestag am
19. Februar 2022
Bereits in wenigen Wochen jährt sich der rassistische Anschlag von Hanau zum zweiten Mal. Der 19. Februar 2022 fällt auf einen Samstag. Für Hanau laden wir zu einer regionalen Demonstration ein. Zum Jahrestag wünschen wir uns dezentral in vielen Städten Gedenkaktionen und Kundgebungen.
Die Demonstration in Hanau soll nach bisherigem Planungsstand (Stand 12. Januar) am 19.02.22 um 16 Uhr mit einer Kundgebung auf dem Marktplatz beginnen und wird zwei bis drei Stunden dauern.
Am späteren Abend wird es dann wie im letzten Jahr – also zwischen 21.30 und ca. 22.30 Uhr – an den beiden Tatorten Heumarkt und Kurt-Schumacher-Platz parallele Gedenken mit Kerzenmeer und Blumen geben.
Für den Vormittag ist eine Andacht auf dem Friedhof in Planung, und es wird hoffentlich bereits in den Tagen zuvor sowie danach vielfältige Aktivitäten in Hanau geben.
Termine
Ausstellung des Hanauer Kulturvereins in der Remisen-Galerie im Schloss Philippsruhe
Ausstellung und gemeinsame Veranstaltungen des Hanauer Kulturvereins und der Initiative 19. Februar zu den Internationalen Wochen gegen Rassismus
Foto- und Buchprojekt von Jasper Kettner und Ibrahim Arslan: “Die Angehörigen“
In der Fotoausstellung werden Fotos von Familienmitgliedern, Freund*innen und Pat*innen von Menschen gezeigt, die aus rassistischen Gründen ermordet wurden. Nicht die Täter*innen, sondern die Opfer sollen in Erinnerung bleiben. In den ausliegenden Büchern können sich die Besucher*innen näher mit der Geschichte der Verstorbenen und der Hinterbliebenen auseinandersetzen.
Öffnungszeiten: samstags und sonntags 14.00 bis 17.00 Uhr, Eintritt frei
Vernissage am 12. Februar 2022
Zur Vernissage spricht Saida Hashemi, Schwester des ermordeten Nesar Hashemi und des Überlebenden Etris Hashemi.
Informationsabend zum Untersuchungsausschuss am Dienstag, den 22. Februar 2022, 18 Uhr
Finissage am 27. Februar 2022
Zur Finissage gibt es eine Diskussionsrunde unter der Leitung von Joachim Volke: „Ist die Demokratie machtlos/hilflos gegen Rassismus?“
Einführungsgedicht: Melis Ntente, Preisträgerin des HR2 Kulturpreises 2020
Veranstaltungsort: Remisengalerie des Hanauer Kulturvereins und anschließender Kassettensaal, rechtes Torgebäude des Schlosses Philippsruhe, Hanau, Philippsruher Allee 45, 63454 Hanau
Internationale Wochen gegen Rassismus
Globaler Veranstaltungszeitraum: 14.-27. März 2022
In Hanau als Sonderfall beginnt der Projektzeitraum bereits am 19. Februar.
Alle Infos zu Veranstaltungen im Rahmen der Internationalen Wochen gegen Rassismus in Hanau finden sich unter https://www.wgr-hanau.de
Zwei Jahre nach dem rassistischen Anschlag in Hanau: Erinnerung, Gerechtigkeit, Aufklärung, Konsequenzen!
Say their names!
Am 19. Februar ist der rassistische Anschlag in Hanau zwei Jahre her.
Für die lückenlose Aufklärung des rassistischen Anschlags in Hanau am 19. Februar 2020 benötigen wir finanzielle Hilfe. Denn nur so können wir den Angehörigen eine bestmögliche juristische und forensische Unterstützung zu kommen lassen.
Bitte helft mit, folgenden Spendenlink zu verbreiten: https://www.betterplace.org/de/projects/103688-lueckenlose-aufklaerung-fuer-hanau
Statement der Initiative 19. Februar Hanau zur Pressemitteilung des Generalbundesanwaltes, die Ermittlungen wegen des Anschlages in Hanau einzustellen.
Zur Rolle des Vaters des Täters in der Tatnacht muss weiter ermittelt werden +++ Das Versagen der Polizei und der Behörden liegt in erster Linie in der Verantwortung der hessischen Landesregierung +++ Nichterreichbarkeit des Notrufs und verschlossener Notausgang am morgigen Freitag und Montag im Mittelpunkt des Untersuchungsausschusses
(1) Die Generalbundesanwaltschaft (GBA) war ausschließlich mit den Ermittlungen gegen mögliche Mittäter, Mitwisser oder Beihelfer des rassistischen Mörders von Hanau befasst. Wir sehen nicht, dass die Rolle des Vaters des Täters in der Tatnacht ausermittelt ist. Vielmehr haben sich im Zusammenhang mit dem Prozess im Oktober 2021 wegen Beleidigungen des Vaters neue Hinweise darauf ergeben, wie offensiv der Vater das rassistische Weltbild seines Sohnes teilt.
(2) Alle unsere Vorhaltungen, Fragen und Kritiken am polizeilichen und behördlichen Versagen vor, in und nach der Tatnacht waren kein Teil der GBA-Ermittlungen. Insbesondere die Waffenerlaubnisse für den Täter, die Nichterreichbarkeit des polizeilichen Notrufs, der verschlossene Notausgang am zweiten Tatort und die verspätete Stürmung des Täterhauses inklusive der Fragen nach der Rolle rechtsextremistischer SEK-Polizisten in Hanau liegen in der Verantwortung der hessischen Landesregierung und müssen hier aufgeklärt werden.
(3) All diese genannten Versagensfragen stehen im Mittelpunkt des Untersuchungsausschusses im hessischen Landtag, der am morgigen Freitag, 17.12., sowie am Montag, 20.12.21, mit weiteren Zeug:innenaussagen der Angehörigen und Überlebenden fortgesetzt wird. Morgen werden u.a. das Organisationsversagen bezüglich des polizeilichen Notrufs und am Montag der verschlossene Notausgang im Mittelpunkt der öffentlichen Sitzungen stehen.
Initiative 19. Februar Hanau am 16. Dezember 2021
Ab 3. Dezember: Untersuchungsausschuss im Hessischen Landtag zu Hanau – Kommt zu den Mahnwachen und Kundgebungen in Wiesbaden!
Termine, Ort und Zeiten der ersten vier Mahnwachen in Wiesbaden:
Freitag, 03.12.21; Freitag, 17.12.21; Montag, 20.12.21; Freitag, 21.01.22.
Jeweils um 8.30 Uhr in der Grabenstrasse am Hessischen Landtag
#saytheirnames — Newsletter der Initiative 19. Februar Hanau
Nr. 5 —November 2021
Den Newsletter findet ihr hier auch als PDF als Download zum Ausdrucken und weiterverbreiten.
Am 3. Dezember nach Wiesbaden!
Liebe Freundinnen und Freunde!
Wie schon im letzten Newsletter vorangekündigt, findet am Freitag, den 3. Dezember, im hessischen Landtag die erste öffentliche Sitzung des parlamentarischen Untersuchungsausschusses zu Hanau statt. Die Angehörigen haben erfolgreich durchgesetzt, dass 12 von ihnen als Erste Zeugnis ablegen können:
an den vier ersten Terminen am 3.12., 17.12., 20.12.2021 und am 21.01.2022.
Sicherlich werden viele Medien live darüber berichten und es bietet sich damit eine weitere Chance, die Kette des behördlichen und polizeilichen Versagens vor, in und nach der Tatnacht zu thematisieren und hoffentlich weitere Informationen zur Aufklärung über die Abläufe zu erhalten.
Wir wollen mit möglichst vielen Unterstützer:innen in Wiesbaden vor Ort dabei sein und unsere Solidarität ausdrücken. Die Plätze für Zuhörer:innen innerhalb des Landtages werden wahrscheinlich sehr eingeschränkt bleiben, aber wir wollen auch außerhalb eine Mahnwache einrichten und dort Kundgebungen organisieren.
Es geht am 3.12. morgens um 9.00 Uhr los, zu jedem der vier Termine sind drei Angehörige geladen und es wird jeweils bis Nachmittag gehen. Wer sich also Zeit nehmen kann, bitte mit- oder dazukommen. Im Laden in der Krämerstraße werden wir versuchen, Mitfahrgelegenheiten zu koordinieren.
Der Untersuchungsausschuss wird zumindest das gesamte Jahr 2022 andauern, mit etwa zwei Sitzungen pro Monat.
Um möglichst zu jedem Termin nicht nur innerhalb des Landtags, sondern auch außerhalb mit den Fotos der Ermordeten sowie unseren vier zentralen Forderungen nach Erinnerung, Gerechtigkeit, Aufklärung und Konsequenzen präsent zu sein, suchen wir weitere Gruppen und Organisationen, die uns dabei helfen. Unser Wunsch wäre, dass unterschiedliche Akteure „Termin-Patenschaften“ übernehmen und mit den Angehörigen und der Initiative an der jeweiligen Ausgestaltung überlegen.
Zur Umsetzung dieser Idee und für Informationen zum Untersuchungsausschuss laden wir für Dienstag, den 16. November 2021 um 19 Uhr zu einer Veranstaltung in die Krämerstraße 24 ein.
Erinnerung
Jeden 19. des Monats organisieren die Angehörigen und die Initiative 19. Februar zur Erinnerung Gedenkaktionen mit Kerzen und Blumen auf dem Hanauer Hauptfriedhof sowie an den beiden Tatorten.
Bis April 2021 war zudem der Marktplatz ein Treffpunkt des Gedenkens sowie mehrerer Kundgebungen: als Ort des Innehaltens und Zusammenstehens. Dafür sollte ein zentraler Marktplatz auch da sein. Mit der Restaurierung des Gebrüder-Grimm-Denkmals wurden diese Aktivitäten ausgesetzt. Doch im Rahmen des von der Stadt Hanau initiierten Prozesses um ein zentrales Mahnmal fordern die Familien der Opfer, dass das favorisierte Modell, das vom betreffenden Künstler eigens für den Marktplatz konzipiert wurde, auch dort aufzustellen. In den letzten Wochen wurde jedoch deutlich, dass der Oberbürgermeister und mehrere Parteivertreter:innen unwillig sind, diesem Anliegen der Familien zu folgen.
Die ursprünglich zum 2. Jahrestag geplante Einweihung des Mahnmals wurde deshalb auf unbestimmte Zeit verschoben.
Diese Entschleunigung erscheint jedenfalls sinnvoll. Doch die wesentliche Frage ist nur aufgeschoben: werden letztlich die Familien, denen berechtigterweise der Status der Jury zuerkannt wurde, über den Aufstellungsort entscheiden? Oder soll über sie hinweg für einen anderen Standort entschieden werden? Das wäre ein bitterer Rückschritt der bisher weitgehend opferorientierten Erinnerungspolitik in Hanau.
Gerechtigkeit
Über 20 Monate nach der Tat – noch immer kein Cent der hessischen Landesregierung für die Opferfamilien
Im Januar 2021, vor bald einem Jahr, wurde in Wiesbaden mit großem Trara ein allgemeiner Opferfond für Hessen eingerichtet. Was in anderen Bundesländern längst besteht und ohne das Wort „Rassismus“ auch nur zu erwähnen, sollten 2021 zwei Millionen Euro für Opfer aller möglicher Straftaten in Hessen bereitgestellt werden. In mehreren Gesprächen in den Monaten danach haben Politiker:innen der verantwortlichen Parteien immer wieder zugesagt, dass die Familien, die in Hanau Todesopfer zu beklagen haben, in besonderer Weise finanzielle Unterstützung erhalten, sowie dass dies anrechnungsfrei, unbürokratisch und zügig laufen würde. Davon ist bis Anfang November 2021 noch immer Nichts in Sicht. Das erst Ende September gebildete Antragsgremium hat sich noch nicht einmal getroffen, offensichtlich haben die Verantwortlichen wieder „vergessen“, in welch dringlicher, finanziell unsicherer Situation sich viele der Opferangehörigen befinden.
Denn die Krankengelder sind mittlerweile ausgelaufen und das sogenannte Opferentschädigungsgesetz entpuppt sich als bürokratisches Monster, das zudem – selbst wenn geringe Summen endlich bewilligt werden – kein Leben in Würde ermöglicht. Insofern würden kurz- und mittelfristig Auszahlungen aus dem Opferfond die Alltagsprobleme der Betroffenen zumindest lindern und alle sollten mitwirken, bei den Verantwortlichen Druck zu machen, dass die versprochenen Gelder für 2021 auch wirklich in 2021 ausgezahlt werden.
Niculescu Păun hat in einem Kommentar zum Abschlussbericht des Bundesopferbeauftragten die prekäre Situation der Familien eindrücklich geschildert:
https://19feb-hanau.org/2021/11/02/ein-kommentar-von-niculescu-paun-opferangehoeriger-des-rassistischen-terroranschlags-in-hanau-zum-abschlussbericht-des-bundesopferbeauftragten-prof-dr-edgar-franke/
Aufklärung I
UNA 20/2 – Infos zum Untersuchungsausschuss zu Hanau
Der Einreichungsantrag zum UNA 20/2 umfasst zehn Punkte. 1: Zum Täter und seinem Vater. 2: Zu den Waffengenehmigungen für den Täter. 3: Zur Nichterreichbarkeit des Notrufs. 4: Zum verschlossenen Notausgang. 5: Zu den Polizeieinsätzen an den Tatorten. 6: Zu den Einsatzstrukturen der Polizei. 7: Wann für die Behörden klar wurde, dass die Tat rassistisch motiviert war. 8: Zu den Umständen am und zur späten Stürmung des Täterhaus. 9: Zum Umgang der Polizei mit den Angehörigen.10: Zu den bewaffneten Bedrohungen am JuZ Kesselstadt in 2017.
15 Abgeordnete der fünf Parteien im Hessischen Landtag bilden das Gremium: fünf von der CDU, jeweils drei von Grünen und SPD, zwei von der AfD und jeweils eine Person von FDP und Linke. Ein SPD-Abgeordneter leitet den UNA als Vorsitzender. Drei Abgeordnete reichen aus, um Beweisanträge zu stellen und Zeug:innen laden zu lassen.
Alle neun Familien haben in jeder Sitzung einen garantierten Platz zum Zuhören. Darüber hinaus wird es wahrscheinlich nur 48 Zuschauerplätze auf der Bühne geben, von denen 31 für Journalist:innen vorgesehen sind. Insofern bleiben nur 17 Plätze für interessierte Besucher:innen und wenn sich mehr Personen darauf bewerben, wird gelost.
Mit Sicherheit ist vom UNA 20/2 keine lückenlose Aufklärung zu erwarten, aber durchaus weitere Informationen und damit weitere Puzzle-Teile, um die Kette des Versagens genauer nachvollziehen und Verantwortliche benennen zu können. Der Ausschuss ist jedenfalls ein Instrument, um die vielen offenen Fragen und Widersprüche einmal mehr in die Öffentlichkeit zu bringen. Und mit ca. zwei Sitzungen pro Monat dürfte sich der UNA 20/2 bis ins Jahr 2023 hinziehen. Also etwa 1 1/2 Jahre lang, in denen wir immer wieder skandalisieren und anklagen werden, was in Hanau alles falsch gemacht wurde und was nie wieder passieren darf.
Aufklärung II
Zum Versagen des Notrufs
Im Oktober hat der Rechtsanwalt der Familie Păun fristgerecht eine ausführliche Beschwerdebegründung bei der Staatsanwaltschaft Hanau eingereicht. Beantragt wird, den Hinweisen auf ein Organisationsverschulden nachzugehen und ein offizielles Ermittlungsverfahren einzuleiten.
Zur Erinnerung: Am 5. Juli 2021 hatte die Staatsanwaltschaft Hanau eine 24-seitige Presseinformation veröffentlicht. Darin wird argumentiert, dass nicht gesichert sei, dass das Handynetz von Vili Viorel Păun funktioniert habe und dass nicht klar wäre, ob er den Anweisungen der Polizei, Sicherheitsabstand zum Täter zu halten, gefolgt wäre. Insofern wäre keine Kausalität – also kein direkter Begründungszusammenhang zwischen der Nichterreichbarkeit des Notrufs und dem Tod von Vili Păun – gegeben.
Der Rechtsanwalt der Familie Păun sagt dazu: „Es ist eindeutig, dass der polizeiliche Notruf unterbesetzt war und – trotz aller Kritik und Warnungen innerhalb der Polizei – die personelle sowie völlig veraltete technische Ausstattung nicht den Notwendigkeiten angepasst wurde. Ca. 20 Jahre lang haben die Verantwortlichen wissentlich das Risiko der Nichterreichbarkeit in Kauf genommen. Die explizit geäußerte Befürchtung, dass die Übermittlung von aktuellen Ortsangaben zu einem Täter an mangelnder Notrufkapazität scheitern könnte, mit fatalen Folgen für die Menschen an den späteren Tatorten, ist am 19.02.2020 exakt so eingetreten. Dazu muss die Staatsanwaltschaft weiter ermitteln.“
In der Beschwerde wird entlang der offiziellen Akten detailliert das selbstlose und couragierte, aber dabei durchaus besonnene Verhalten des Vili Viorel Păun nachgezeichnet. Ausführlich wird sowohl „zur eindeutigen Kausalität“ des Organisationsverschuldens für den Tod von Vili Stellung genommen als auch „zur jedenfalls möglichen Kausalität“ des Organisationsverschuldens für den Tod der weiteren in Kesselstadt ermordeten Personen.
Deshalb muss hier weiter ermittelt werden. Vili hat mit seinem mutigen Eingreifen bereits am ersten Tatort weitere Morde verhindert. Bei einem intakten Notruf hätte jedenfalls sein eigenes Leben gerettet und hätten womöglich sogar die Opfer am zweiten Tatort verhindert werden können. Alle Familien der Opfer verlangen zu Recht, dass die Verantwortlichen dieses Organisationsversagens ermittelt und zur Rechenschaft gezogen werden.
Ohne Konsequenzen?
Zum Vater des Täters
Am 6. Oktober wurde der Vater des Mörders vom 19. Februar 2020 vom Hanauer Amtsgericht wegen dreifacher Beleidigung zu einer Geldstrafe verurteilt. Am schwersten ins Gewicht fielen dabei die rassistischen Beleidigungen gegen Teilnehmer:innen einer Kundgebung in Hanau-Kesselstadt Ende Dezember 2020, darunter mehrere Angehörige der Ermordeten. Es ist gut, dass der Vater des Attentäters wegen den rassistischen Beleidigungen vom Gericht verurteilt wurde. Wichtige Fragen bleiben aber weiter unbeantwortet.
1. Welche Rolle spielte der Vater des Attentäters in der Tatnacht?
Nach dem Prozessverlauf ist es wichtig, dass weiter ermittelt wird, welche Rolle der Vater des Attentäters in der Tatnacht spielte. Bereits wenige Stunden nach der Tat wurde er von den Ermittlungsbehörden aus dem Beschuldigtenstatus entlassen und zum Zeugen erklärt. Offensichtlich wurde er niemals ernsthaft mit all seinen Widersprüchen konfrontiert. Im Urteilsspruch vom 06.10.2021 ist auch die rechtsextreme und rassistische Grundhaltung des Angeklagten zweifelsfrei festgestellt worden. Der Angeklagte bezog sich in seinen Ausführungen vor Gericht gleich zweimal auf die Rechtsanwälte Hock und Schmitt-Fricke des Rechtsterroristen Franco A., welche ihn mit ihren Ausführungen zu “politischen Windmaschinen” inspiriert haben. Mehrfach betonte der Vater des Attentäters er habe Mitstreiter, die seine Gedanken teilen.
Der Täter von Hanau hatte seine drei ersten Morde mit einer Ceska begangen und sich damit sicherlich nicht zufällig in die Tradition des NSU stellen wollen. Zudem hatte er einen weißen Wolf mit blauen Augen auf seiner Webseite. Dass der Vater nun in Bezug auf Franco A. von Mitstreitern spricht, macht unsere Vermutung immer wahrscheinlicher: dass er, der Vater, in die Pläne des Sohnes eingeweiht und jedenfalls in der Tatnacht im Täterhaus direkt involviert war.
2. Welche Gefahr geht vom Vater des Attentäters aus?
Wir müssen uns weiterhin fragen: Wie viel Gefahr geht von dem Angeklagten aus? Der sachverständige Psychiater hat in der Verhandlung von “Kampfparanoia” gesprochen und einer Verschlimmerung nach weiteren Misserfolgen, wie dem Urteil. Diese Kampfparanoia finde ihr Ventil in einer Schreibwut. Aber wird es nur bei Schreiben bleiben?
Der Prozessverlauf, von der vom Vater inszenierten Vorführung bis zu seinem offensiv bedrohlichen und rassistischen Verhalten im Verfahren, zeigt einmal mehr, wie richtig wir mit unseren bereits damals gestellten Fragen zur Gefährlichkeit des Vaters lagen.
Denn während des Gerichtsverfahrens hatte ein Sachverständiger sich ausführlich zur Schuldfähigkeit des Angeklagten geäußert. Er charakterisiert ihn als egozentrisch, selbstverliebt, unreflektiert und völlig unempathisch für die Bedürfnisse seiner Umgebung. Er attestiert eine wahnhafte Störung, die nicht behandelbar sei, jedoch sei der Angeklagte in seiner Steuerungsfähigkeit nicht eingeschränkt. Die Beleidigungen entspringen seinem rechtsextremen Weltbild, er sehe sich selbst als “Angehörigen der deutschen Gründerrasse”, dem sich alle anderen unterzuordnen hätten. Nicht erst seit dem 19.2.2020 wissen wir, wozu solche Rassisten fähig sind.
Termine
Eröffnung der Bildungsinitiative Ferhat Unvar am 12. und 14. November
Konferenztag am 12.11.2021: Nein zu Rassismus an Schulen ab 13.00 Uhr im Kulturforum Hanau
Eröffnung am 14.11.2021 in den Räumen der Bildungsinitiative am Freiheitsplatz 6
https://www.bildungsinitiative-ferhatunvar.de
Gegenhalten – Solidarisch gegen den Bundesparteitag der AfD in Wiesbaden vom 10. bis 12. Dezember
„Die AfD hat ihren Markenkern in rechter Hetze, antimuslimischem Rassismus, Antifeminismus, Antisemitismus und der Leugnung der Verbrechen des Nationalsozialismus gefunden. Ihre Positionen zu sozialen, ökologischen und pandemischen Fragen sind existenzbedrohend für alle, die nicht in das begrenzte Weltbild der AfD passen oder denen eine lebenswerte Zukunft für alle am Herzen liegt. Die AfD bildet die Keimzelle eines neuen Faschismus in Deutschland…“