Die Chance, die Aussagen der Überlebenden und Angehörigen des rassistischen Terroranschlags in Hanau am 19. Februar 2020 zu Beginn der öffentlichen Sitzungen des Untersuchungsausschusses Hanau des hessischen Landtages als Orientierungspunkt des politischen Handelns zu nehmen, wurde bisher nicht genutzt. Dabei haben alle in ihren Aussagen auf die gravierenden Mängel der Erst- und Folgeversorgung hingewiesen.Daraus könnten Schritte zum politischen Handeln und zur Verbesserung der Versorgung abgeleitet werden.
Allgemein
Am 19.02.2023 jährt sich der rassistische Terroranschlag von Hanau zum dritten Mal.
Ausstellung zum rassistischen Terroranschlag wird vom 1. Februar 2023 bis zum 18. März 2023 im Hanauer Rathaus präsentiert.
Danke! An alle, die zur Eröffnung der Ausstellung „Three Doors“ ins Haus der Kulturen der Welt (HKW) Berlin gekommen sind. Danke für die unglaublich starken Reden der Angehörigen und Überlebenden über Widerstand und Trauer und die wichtigen Kämpfe der Initiative Oury Jalloh, die uns zeigt, was noch vor uns liegt. Danke für die wichtige Zusammenarbeit mit Forensis & Forensic Architecture und mit dem Haus der Kulturen der Welt in Berlin. DANKE – an alle die immer dabei sind und uns Kraft geben.
Die Ausstellung “Three Doors” ist noch bis zum 30.12.2022 im Haus der Kulturen der Welt zu sehen.
Unsere letzen Führungen mit Angehörigen und Forensic Architecture:
So, 11.12.2022 um 15 Uhr
Mo, 12.12.2022 um 16 Uhr
Sa, 17.12.2022 um 13 Uhr
Vom 19.01.2023 bis 19.03.2023 werden die Hanau-Teile der Ausstellung im Rathaus auf dem Marktplatz in Hanau zu sehen sein.
Zwei Jahre Kampf der Angehörigen, Überlebenden und Unterstützer:innen in Hanau – Die Zeitleiste aus der Ausstellung von Forensic Architecture im Frankfurter Kunstverein nun auch online
Am 10. September fand die Veranstaltung „Erinnerung und Aufklärung – NSU, Dessau, Halle, Hanau – Die Kämpfe der Angehörigen und Überlebenden“ im Frankfurter Kunstverein statt. Das Podium mit Gästen aus Dortmund, Halle, Dessau und Hanau bildete den Abschluss der Ausstellung „Three Doors“, die einen Tag später nach über dreimonatiger Laufzeit zu Ende ging. Die Ausstellung hat die „Kette des Versagens“ der Behörden und der Polizei in Hanau in einzigartiger Weise aufgearbeitet und diese Rekonstruktion einer größeren Öffentlichkeit in detaillierter Form zugänglich gemacht. Wir bedanken uns nochmal ausdrücklich für die gute Zusammenarbeit in diesem Kooperationsprojekt mit Forensic Architecture, dem Frankfurter Kunstverein und der Initiative im Gedenken an Oury Jalloh.
Ein Raum der Ausstellung war alleine den kollektiven Aktionen der Angehörigen, Überlebenden und Unterstützer:innen in Hanau gewidmet, also ihrem Kampf um Erinnerung, Gerechtigkeit, Aufklärung und Konsequenzen. Auf einer riesigen Zeittafel wurden die unterschiedlichen Handlungsebenen der letzten zwei Jahre nachgezeichnet. Diese Zeittafel sowie kurze Beschreibungen der wichtigsten Aktivitäten sind auf einem doppelseitigen Faltblatt zusammengefasst, das bei uns im „Laden“ in der Krämerstrasse 24 erhältlich ist oder nun auch hier heruntergeladen werden kann.
PDF – timeline: Forensic Architecture_Forensis_Initiative 19 Februar_Zeitleiste Kollektiver Aktionen
#saytheirnames —Newsletter der Initiative 19. Februar Hanau
Nr. 8 — September 2022
Liebe Freundinnen und Freunde,
die letzte Sitzung des Untersuchungsausschusses (UNA) vor der Sommerpause am 18. Juli 2022 verlief lebendiger und vor allem aufschlussreicher als alle Zeugenbefragungen in den Monaten zuvor. Denn gleich vier Polizist:innen – von der Polizistin am Notruf bis zum hessischen Polizeipräsidenten – waren zur Befragung in Sachen Hanauer Notrufversagen geladen. Die Aussagen offenbarten ein unfassbares Ausmaß an Organisationsversagen, das nun (siehe Seite 2) nach sofortigen Konsequenzen schreit! Am 5. September geht der UNA weiter und Alle sind aufgefordert mitzuwirken, den Druck auf die Behörden und insbesondere den hessischen Polizeipräsidenten zu erhöhen.
Zweiter Schwerpunkt dieses Newsletters ist die Ausstellung von Forensic Architecture im Frankfurter Kunstverein (ab Seite 3), die in den letzten Monaten sehr viel Öffentlichkeit geschaffen hat und nun am 11. September zu Ende geht. Am Abend vorher, dem 10.9.22, laden wir zu einer Abschlussveranstaltung ein (Seite 8), in der auch Angehörige und Überlebende der NSU-Morde sowie vom Anschlag aus Halle ihre Erfahrungen teilen werden.
Nürnberg, München, Rostock: Angehörige, Überlebende und Unterstützer:innen aus Hanau waren in den letzten Wochen viel unterwegs bei Gedenkveranstaltungen und Demonstrationen. Wir berichten in Kürze und dokumentieren ein Forderungspapier (Seite 7), das aus den konkreten Erfahrungen in Hanau nach dem 19. Februar 2020 entstanden ist. Es versteht sich als Beitrag zur bundesweiten Vernetzung von Opferinitiativen und richtet sich gleichzeitig an die Verantwortlichen in der Politik.
Den vollständigen Newsletter zum Runterladen, Ausdrucken und Weiterverbreiten gibt es hier als PDF.
Zum Untersuchungsausschuss in Wiesbaden:
Ob Vertuschungsversuch oder dreiste Lüge – der hessische Polizeipräsident Ullmann muss abtreten!
Am 18. Juli 2022 wurden vier Zeug:innen der Polizei im Untersuchungsausschuss (UNA) zum Notrufversagen in Hanau am 19. Februar 2020 vernommen. Im Vorfeld dieser Sitzung hatten wir als Initiative 19. Februar Hanau nochmal alle möglichen Fragen zur personellen Unterbesetzung sowie zur technischen Unterausstattung aufgelistet. Nur auf eine Frage waren wir nicht gekommen: nämlich, ob die eingesetzten und verantwortlichen Polizist:innen davon wussten, dass keine Weiterleitung des Hanauer Notrufs existierte.
Wir waren selbstverständlich davon ausgegangen, dass die Verantwortlichen – von der Polizistin am Notruf bis zum Polizeichef – jeweils wissen, womit sie jeden Tag arbeiten und was ihre technischen Möglichkeiten bzw. ihre Einschränkungen am Notruf anbelangt. Umso erstaunlicher war es zu hören, dass die zwei Polizeibeamt:innen, die in der Tatnacht am Notruf eingesetzt waren (der eine Beamte allerdings nur für 16 Sekunden), erst Monate nach der Tat erfahren haben, dass nicht angenommene Notrufe nicht weiter geleitet wurden. Das würde bedeuten, dass die Beamt:innen in der Hanauer Polizei niemals wirklich in die vorhandene Technik eingeführt bzw. über deren Grenzen informiert wurden. Sie sind einfach davon ausgegangen, dass – wenn ein Notruftelefon klingelt und sie wegen Überlastung nicht drangehen können – dies an eine andere Polizeistation weitergeleitet wird. Dass dies nicht der Fall war und die Anrufversuche – wie auch die von Vili Viorel Păun am 19.02.2020 im Nichts landeten – bleibt bereits ein Skandal. Dass die eingesetzten Polizist:innen es nicht einmal wussten und offensichtlich über viele Jahre von falschen Voraussetzungen ausgegangen sind, macht nur noch fassungslos.
Als Skandal im Skandal erscheint, dass die Verantwortlichen im Polizeiapparat, nämlich der Chef der Hanauer Polizei und dann sogar der hessische Polizeipräsident Ullmann, nach ihren eigenen Aussagen vom 18.7.22 ebenfalls nichts vom fehlenden Notrufüberlauf gewusst haben wollten. Ullmann war jahrelang der Leiter des Polizeipräsidiums von Südosthessen, dem Hanau unterstellt ist. Er hatte selbst abgezeichnet, dass wegen der Verzögerungen beim Bau des neuen Präsidiums in Offenbach die Hanauer Station von der Zentralisierung des Notrufs ausgenommen blieb. Und dann wollte er von den konkreten technischen Konsequenzen und dem fehlenden Überlauf nichts gewusst haben?
Die UNA-Mitglieder aller Parteien – von dem an Aufklärung notorisch uninteressierten CDU-Müller abgesehen – zeigten sich empört und sprachen zum Teil direkt aus, dass sie Ullmann das nicht glauben würden. „Hätten Sie es nicht wissen müssen?“ fragt sichtlich aufgebracht sogar der ansonsten wenig kritisch engagierte FDP-Abgeordnete Hahn. Zudem wurde deutlich, dass auf keiner Ebene der Polizeibehörden dieses unfassbare Organisationsversagen nachträglich aufgearbeitet wurde. Dass 200.000 Menschen des Altkreises Hanau wissentlich dem jahrelangen Risiko eines in seiner Funktion eingeschränkten Notrufs ausgesetzt wurden, sollte offensichtlich unter den Teppich gekehrt werden. Dabei wiederholt sich ein Muster der hessischen Zustände: Verantwortliche der Sicherheitsbehörden behaupten gegen alle Tatsachen, dass alles gut gelaufen sei oder von Missständen nichts gewusst zu haben.
Die zentrale Frage, die sich nach dieser denkwürdigen Sitzung des UNA am 18.7.22 stellt, ist: Kann Ullmann diesen Skandal eines Organisationsversagens wirklich aussitzen? Kann ein Polizeipräsident in Hessen darauf setzen, dass die Sommerpause weitere Nachforschungen vergessen lässt? Das kann und das darf nicht wahr sein. Wenn ein UNA eine Funktion haben soll, muss diesem krassen Organisationsversagen auf den Grund gegangen werden.
Zunächst müssen zumindest weitere Polizeibeamt:innen vorgeladen werden, die im Polizeiapparat mit dem Hanauer Notruf befasst waren und Entscheidungen dazu getroffen haben. Es muss nachgebohrt werden, wer alles über die Konsequenzen der Entscheidung informiert war, Hanau von der Zentralisierung des Notrufs auszunehmen.
Jedenfalls darf der fortgesetzte Vertuschungs-versuch bezüglich des Notrufversagens von Hanau nicht hingenommen werden. Zwar prüft die Staatsanwaltschaft, ob sich Ullmann wegen Falschaussagen strafbar gemacht hat, doch wenn ein hessischer Polizeipräsident glaubt, einen Untersuchungsausschuss und damit die gesamte Öffentlichkeit für dumm verkaufen zu können, muss dies endlich Konsequenzen haben.
„Das Hanau-Desaster“
Zur Ausstellung von Forensic Architecture im Frankfurter Kunstverein
Die Eröffnung der Ausstellung startete am 2. Juni 2022 mit einem medialen Paukenschlag. „Das Hanau Desaster“ formuliert die Frankfurter Rundschau auf ihrer Titelseite, vom Spiegel bis zum Hanauer Anzeiger wird ausführlich über die neuen Recherchen der unabhängigen Ermittlungsagentur berichtet. Im Mittelpunkt der Rekonstruktion polizeilichen Versagens steht das Täterhaus, das offensichtlich viel zu spät umstellt wurde und dem Täter Gelegenheit zur Flucht gegeben hätte. In einem 29-minütigen Video präsentiert Forensic Architecture (FA) einerseits ihre aufwändigen Tests zur Lautstärke der Schüsse des Täters, die belegen, dass der Vater des Täters in seinen Aussagen gelogen hat und die Polizei nicht dort postiert war, wo sie hätte sein müssen. Besondere öffentliche Aufmerksamkeit findet die Dokumentation und Auswertung der Flug- und Funkdaten des Polizei-Hubschraubers, der in der Nacht vom 19. auf den 20. Februar 2020 über Hanau und Kesselstadt mit einer Nachtsichtkamera im Einsatz war. Eindrücklich offenbart wird, dass die zwei Piloten niemals über die Adresse des Täters informiert wurden, sondern im Blindflug und Kommunikationschaos über Hanau unterwegs waren. „Nur“ ein weiteres Polizeiversagen, das bisher von den Behörden verheimlicht wurde? Oder hat dies – nicht zuletzt mit Bezug auf die 13 rechtsextrem gesinnten SEK-Polizisten, die am Boden eingesetzt waren – womöglich sogar schlimmere Hintergründe?
UNA-Abgeordnete zumindest der SPD, der Grünen und der Linken besuchen die Ausstellung und zeigen sich betroffen, während in öffentlichen Erklärungen eingeräumt und kritisiert wird, dass ihnen im UNA von diesem Helikopter-Einsatz bislang keine Akten und Videos vorliegen.
Einmal mehr – und das ist auch eine zentrale Botschaft bei der einleitenden Pressekonferenz sowie Kundgebung im und vor dem Frankfurter Kunstverein – sind es die Angehörigen, ihre Unterstützer:innen und die solidarische Zivilgesellschaft, die das Polizeiversagen von Hanau aufdecken und eine lückenlose Aufklärung sowie Konsequenzen einfordern müssen. Angehörige der Opfer hatten FA mit den Recherchen beauftragt, die Initiative 19. Februar hatte einen eigenen Spendenaufruf platziert, um die Kosten für diese umfangreichen und detaillierten Rekonstruktionen zu finanzieren.
Mit der Ausstellung hat der Kunstverein Frankfurt der zivilgesellschaftlichen Kritik am Polizeiversagen in Hanau und dem Kampf der Familien um Aufklärung nicht nur eine wichtige öffentliche Bühne, sondern auch ein inhaltliches Begleitprogramm mit Veranstaltungen sowie Führungen angeboten. Im August hatte die Initiative 19. Februar Hanau zwei Führungen mit Angehörigen und Überlebenden aus Hanau organisiert, die ebenfalls gut besucht waren. Und am 10. September – quasi als Finissage der Ausstellung – wird es eine Abschlussveranstaltung geben, in der neben der Initiative zum Gedenken an Oury Jalloh weitere Betroffene aus Dortmund und Halle ihre Erfahrungen zum Kampf um Erinnerung und Aufklärung teilen werden.
Schließlich ein Ausblick: Die Gesamtausstellung Three Doors wird aller Voraussicht nach ab Anfang November für sechs Wochen im Haus der Kulturen der Welt in Berlin zu sehen sein. Also an einem prominenten Ort in der Hauptstadt. Zudem gibt es Bemühungen, den Hanauer Teil der Ausstellung von FA in den Wochen vor und nach dem dritten Jahrestag der rassistischen Morde vom 19.02.2020 nach Hanau zu holen. Wir werden dazu im nächsten Newsletter berichten.
Rückblick zu Nürnberg im Juni 2022 – Viertes Tribunal NSU-Komplex auflösen
Mit 4-500 Teilnehmer:innen war diese vierte Konferenz sehr gut besucht. Aus Hanau waren einzelne Angehörige sowie Unterstützer:innen beteiligt. Besonders beeindruckend waren die zwei zentralen Plenarveranstaltungen am Nachmittag und Abend des 4. Juni im Staatstheater. Angehörige und Überlebende aus verschiedenen Städten standen gemeinsam auf der Bühne, mit sehr emotionalen und überzeugenden Reden der Betroffenen sowie gut moderierten Interviews und vor dem Hintergrund eines starken Bühnenbildes. Es gab Standing Ovations von den dicht besetzten Rängen, insgesamt eine sehr ermutigende Veranstaltung, die der verstärkten Vernetzung und Selbstorganisierung der unterschiedlichen Angehörigen-Gruppen wichtige Impulse gegeben hat.
Weitere Informationen:
https://www.nsu-tribunal.de/nuernberg/
Rückblick München zum 22.7.2022
Am 22. Juli 2022 sind etwa 20 Menschen aus Hanau nach München gereist, darunter zahlreiche Angehörige und Überlebende vom 19. Februar. Sie haben am dortigen Trauermarsch und Gedenken für die neun jungen Menschen teilgenommen, die am 22.7.2016 von einem rassistischen Täter am Olympia-Einkaufszentrum ermordet wurden. Anders als in Hanau mussten die Familien mehrere Jahre darum kämpfen, dass der Anschlag überhaupt als rassistischer Terrorakt anerkannt wurde. An der Demonstration, die das neue Bündnis „München erinnern“ organisiert hatte, nahmen rund 400 Menschen teil. In beeindruckenden Reden der Münchener Familien, aber auch von Überlebenden des Oktoberfestanschlags von 1980 bis nach Halle von 2019 sowie von Angehörigen aus Hanau wurde sich für einen verstärkten gemeinsamen Kampf gegen Rassismus und Faschismus ausgesprochen und das staatliche Versagen bei der Erinnerung und Aufklärung kritisiert.
Konstantin Wecker im Hanauer Amphitheater am 26.8.
Bei seinem Auftritt in Hanau am 26.08.2022 gedachte Konstantin Wecker mit der aktuellsten Variante seines „Willy-Lieds“ Vili Viorel Păun und den weiteren acht Opfern des rassistischen Anschlags von Hanau.
Nach dem Lied begrüßte und umarmte er den Vater Niculescu Păun, was die über 1200 Besucher:innen mit Standing Ovations bedachten: ein gleichermaßen berührender wie beeindruckender Moment der Solidarität.
Kurzer Rückblick auf Rostock zum 27.8.
Rund 5000 Menschen beteiligten sich an der Gedenkdemonstration zum 30. Jahrestages des Pogroms in Rostock-Lichtenhagen. „Erinnern heißt verändern“ lautete der zentrale Slogan, den das Rostocker Bündnis von den Mobilisierungen aus Hanau übernommen hatte. Auf der Abschlusskundgebung hielt Çetin Gültekin für die Familien und die Initiative 19. Februar eine Rede, in der er die Verbindungen zwischen den rassistischen Übergriffen in Rostock, dem NSU und Hanau herstellte und klarmachte, dass die Rassisten uns trotz ihrer grausamen Morde auf dem Weg zu einer Gesellschaft der Vielen nicht aufhalten werden.
https://gedenken-lichtenhagen.de
Vier Forderungen aus Hanau
Im März 2022 hatte Etris Hashemi erstmals die folgenden vier Forderungen bei einer Gewerkschaftsveranstaltung vorgetragen. Çetin Gültekin hat diese Forderungen dann mit einer kurzen Einleitung zur Vernetzung der Angehörigen in unterschiedlichen Städten am 4. Juni 2022 in Nürnberg auf dem Tribunal präsentiert. Wir dokumentieren hier den Hanauer Text von Nürnberg.
„Liebe Freundinnen und Freunde.
Am letzten Wochenende haben wir uns in Hanau mit Opferfamilien aus anderen Städten getroffen: zum besseren Kennenlernen, zum gegenseitigen Austausch, aber auch um über Forderungen zu diskutieren. Wir waren uns einig: wir wollen in der nächsten Zeit an einem gemeinsamen Forderungskatalog zusammenarbeiten.
Wir in Hanau hatten in den letzten Wochen an sehr konkreten Forderungen diskutiert, die aus unseren unmittelbaren Erfahrungen in Hanau resultieren. Vier Forderungen möchte ich Euch vorstellen.
Forderung 1
Unabhängiges Informationsgremium zur umfassenden Aufklärung von und mit den Betroffenen
Wir wurden in der Nacht des Anschlags nicht ernst genommen. Wir wurden als Störfaktoren oder gar als Verdächtige angesehen. In der Nacht wie auch in den Tagen nach den Morden wurden wir von niemandem in irgendeiner Weise informiert, im Gegenteil: wir wurden wie rechtlose Objekte behandelt. Und damit zum zweiten Mal zu Opfern gemacht. Wir mussten viel selbst ermitteln und wir waren und sind bis heute mit Verweigerung oder gar Vertuschung durch Polizei und Behörden konfrontiert.
Stattdessen müsste es ein Informationsgremium geben. In dem politisch und polizeilich Verantwortliche in Begleitung von unabhängigen Akteuren für unsere Fragen offen und erreichbar und zu einer kritischen Aufarbeitung der Geschehnisse bereit sind. Dies wäre eine wirkliche Veränderung. Bedingung ist aber, dass wir ernst genommen werden, dass auf Augenhöhe mit uns geredet wird.
Forderung 2
Einrichtung einer unbürokratischen Grundrente mit einer adäquaten Existenzsicherung für Betroffene
Das sogenannte Opferentschädigungsgesetz hat uns zu Bittstellern vor einem bürokratischen Monster gemacht und gehört abgeschafft. Wie kann es sein, dass wir den Behörden nachweisen müssen, ob und wie stark der Verlust unserer Liebsten uns getroffen und traumatisiert hat. Es ist unerträglich, dass wir, die bei einem rassistischen Terroranschlag enge Angehörige verloren haben oder diesen selbst überlebt haben, irgend etwas beweisen müssen. Wie kann es sein, dass wir als Opfer zusätzlich auch noch in finanzieller Not leben müssen? Der Staat muss die politische Verantwortung dafür übernehmen, wenn er uns und unsere Angehörigen nicht schützen konnte. Der Staat muss eine unbürokratischen Opferrente und eine würdige Existenz der Betroffenen sicherstellen.
Forderung 3
Entwaffnung von Rassisten
Ein Rassist und psychisch kranker Mann hat über viele Jahre legale Waffen besessen und sogar spezielle Schießtrainings durchgeführt. Offensichtlich gab es keinerlei Zuverlässigkeitsprüfungen und trotz verschwörungstheoretischer und wahnsinniger Anzeigen des Täters an die Staatsanwaltschaften wurde nicht überprüft, ob er Waffen hat. Stattdessen müssen wir erleben, dass ein Jahr nach Hanau nicht weniger, sondern noch mehr Rassisten Waffenerlaubnisse bekommen haben. Und die immer wieder versprochene, bundesweite Verschärfung des Waffengesetzes ist im letzten Jahr an dem Einfluss der Waffenlobby gescheitert.
Es braucht dringend ein neues, verschärftes Waffenrecht, mit dem Rassisten und auch psychisch Kranke konsequent entwaffnet werden bzw. keine neue Waffen erhalten dürfen. Die neue Innenministerin Nancy Feaser hat in ihrem neuen Aktionsplan die Entwaffnung von Rechtsextremisten als zentrales Thema benannt und jetzt gehts um die Taten, die daraus resultieren müssen.
Forderung 4
Rassismus verlernen und bekämpfen! Bildungsoffensive und Empowerment für Selbstorganisierte Initiativen
Der Mörder hat zwar wahrscheinlich alleine gehandelt, aber er war deshalb kein Einzeltäter. Denn er hat sich in einem bestimmten gesellschaftlichen Klima radikalisiert. Er hat Pegida-Kundgebungen verfolgt, in denen gegen Muslime gehetzt wird. Er hat die rassistischen Kampagnen gegen Shisha Bars aufgegriffen. Deshalb sagen wir auch: die AfD hat in Hanau mit geschossen.
Wir benötigen viel stärker und viel mehr Prävention gegen Rassismus in allen gesellschaftlichen Bereichen. In den Kindergärten und Schulen muss Rassismus verlernt werden. Mit Bildung und Empowerment der Betroffenen muss auf allen Ebenen gegen Rassismus gekämpft und die Selbstorganisierung von Betroffenen unterstützt werden.
Wie ich einleitend gesagt habe: wir denken, dass die Entwicklung eines gemeinsamen Forderungskataloges von Angehörigen und Überlebenden aus den verschiedenen Städten notwendig ist. Unsere vier Forderungen sollen dazu beitragen.“
Veranstaltungsankündigung
Samstag, 10. September 2022, 17:30 Uhr im Kunstverein in Frankfurt/Main
Zur Finissage der Ausstellung „Three Doors“
Erinnerung und Aufklärung – NSU, Dessau, Halle, Hanau – Die Kämpfe der Angehörigen und Überlebenden
In dieser Veranstaltung zum Abschluss der Ausstellung „Three Doors“ werden Angehörige von Opfern rassistischer und antisemitischer Gewalt sowie Überlebende und Unterstützer:innen über ihre Erfahrungen und Perspektiven im Kampf um Erinnerung und Aufklärung diskutieren. Eingeladen sind:
— Gamze Kubaşık, Tochter von Mehmet Kubaşık, der am 4. April 2006 in Dortmund vom NSU ermordet wurde – https://tagdersolidaritaet.wordpress.com
— İsmet Tekin, Überlebender des antisemitischen und rassistischen Anschlags von Halle und Wiedersdorf – https://www.instagram.com/tekiez_cafe/
— Mouctar Bah von der Initiative im Gedenken an Oury Jalloh – https://initiativeouryjalloh.wordpress.com
— Çetin Gültekin von der Initiative 19. Februar Hanau – https://19feb-hanau.org
Organisationsversagen ohne Konsequenzen? – Kommentar zur letzten Sitzung des #UNAhanau am 4.7.2022
Drei Zeugen von Polizei und Staatsanwalt haben bei der letzten Sitzung des Untersuchungsausschusses bestätigt, dass es beim Hanauer Notruf über 18 Jahre lang ein strukturelles Problem der personellen Unterbesetzung und der technischen Unterausstattung gab. Die Verantwortlichen wussten davon und haben versucht, dieses Problem nach dem 19. Februar 2020 zu vertuschen. Ein solches Organisationsversagen muss nun endlich Konsequenzen haben.
„Three Doors“ – Ausstellung von Forensic Architecture mit einer neuen Video-Rekonstruktion zum Täterhaus von Hanau
Pressemitteilung der Initiative 19. Februar Hanau am 3. Juni 2022
Gestern, am 2. Juni 2022, ist im Frankfurter Kunstverein die Ausstellung „Three Doors“ von der unabhängigen Ermittlungsagentur Forensic Architecture eröffnet worden. Zwei der „Drei Türen“ sind den Geschehnissen in Hanau am 19. und 20. Februar 2020 gewidmet. Einerseits dem verschlossenen Notausgang am zweiten Tatort. Zum zweiten der Eingangstür des Täterhauses, die nicht bzw. viel zu spät von der Polizei überwacht wurde.
In einer 30-minütigen Video-Rekonstruktion hat Forensic Architecture die Abläufe rund um das Täterhaus detailliert nachgezeichnet. Dieses Video beinhaltet nicht nur weitere Hinweise darauf, dass der Vater des Täters bezüglich seiner Rolle in der Tatnacht die Unwahrheit gesagt hat. Es zeigt zudem, dass die eingesetzten Polizeieinheiten – zunächst Zivilstreifen und danach das SEK – das vermutliche Täterhaus über mindestens zwei Stunden nicht überwacht und nicht umstellt und entsprechend erst später gestürmt hat. Der Täter hätte also problemlos aus dem Haus entfliehen und weiter morden können.
Wesentliches Element der neuen Untersuchung von Forenisc Architecture ist die Auswertung der Kamera-Aufnahmen eines Polizeihubschraubers. Dieser kreist bereits 30 Minuten nach den Morden für zwei Stunden über Hanau und dem Stadtteil Kesselstadt, ohne von den Polizeikräften am Boden über die Adresse des vermutlichen Täters informiert zu werden. Der Helikopter bleibt insofern im Blindflug, die beiden Piloten bringen per Funk ihre Frustration darüber zum Ausdruck und können ebenfalls nicht zur nötigen Überwachung des Täterhauses beitragen.
Sind all diese unglaublichen Vorgänge am Täterhaus „nur“ ein weiteres Element in der Kette des polizeiliches Versagens in der Tatnacht? Unweigerlich drängen sich neue Fragen auf, wenn mit einbezogen wird, dass sich in der Tatnacht 13 SEK-Polizisten in Hanau im Einsatz befanden, die in rechtsextremen Chat-Gruppen beteiligt waren.
Die Ausstellung, die für über drei Monate in Frankfurt zu sehen sein wird, präsentiert in einem Raum die gesamten, umfassenden Untersuchungen und Ermittlungen von Forensic Architecture zur Tatnacht von Hanau. In einem zweiten Raum lassen sich neue Audio-Reportagen eines Journalisten-Teams zu den „Lücken von Hanau“ nachhören. Und in einem dritten Raum wird entlang einer umfassenden Zeitleiste der zweijährige Kampf der Betroffenen und deren Unterstützer:innen für Erinnerung, Gerechtigkeit, Aufklärung und Konsequenzen nachgezeichnet. Hier sprechen die Angehörigen der Opfer und die Überlebenden in Videoaufzeichnungen nach, was sie bereits vor einigen Monaten im Untersuchungsausschuss im Hessischen Landtag vorgetragen haben.
Wir empfehlen allen an der Aufklärung von Hanau Interessierten dringend, diese Ausstellung zu besuchen und sich dafür Zeit zu nehmen. Denn neben der Etage zu „Hanau“ präsentiert Forensic Architecture als „dritte Tür“ erstmals eine Untersuchung zum Tod von Oury Jalloh 2005 im Polizeiarrest in Dessau sowie weitere ihrer Recherchen zu Menschenrechtsverletzungen und Morden, in denen staatliche Stellen verwickelt waren.
Wir danken Forensic Architecture für die großartige Zusammenarbeit und dem Kunstverein Frankfurt, dass er dieses Ausstellungsprojekt unterstützt und die Räume zur Verfügung stellt.
Die Ausstellung „Three Doors“ ist ein Kooperationsprojekt von Forensic Architecture/Forensis, Kunstverein Frankfurt, Initiative im Gedenken an Oury Jalloh und Initiative 19. Februar Hanau. Sie läuft vom 2. Juni bis zum 11. September 2022.
Link zur Video-Rekonstruktion von Forensic Architecture zum Täterhaus:
https://forensic-architecture.org/investigation/racist-terror-attack-in-hanau-the-police-operation
#saytheirnames — Newsletter der Initiative 19. Februar Hanau
Nr. 7 — Mai 2022
Liebe Freundinnen und Freunde,
seit dem 3. Dezember 2021, der ersten öffentlichen Sitzung des Hessischen Untersuchungsausschusses zu Hanau, sind nun nahezu sechs Monate vergangen. Elfmal hat der UNA 20/2 getagt und wir ziehen in diesem Newsletter eine erste kritische Zwischenbilanz.
Umso bedeutender ist der zweite Schwerpunkt dieses Newsletter: wir wollen alle Leser:innen einladen, eine neue Ausstellung der unabhängigen Ermittlungsagentur Forensic Architecture zu besuchen. „Three Doors“ lautet der Titel und die Ausstellung wird ab 2. Juni bis 11. September 2022 im Kunstverein am Römer in Frankfurt gezeigt. In drei Räumen wird u.a. die Tatnacht des 19. und 20. Februar 2020 in einer detaillierten Chronologie nachgezeichnet, zudem werden – neben dem bereits bekannten Gutachten zum verschlossenen Notausgang am zweiten Tatort – weitere Video-Rekonstruktionen präsentiert.
Abschließend findet sich in dieser Ausgabe ein kurzer Rückblick auf den 19.02.2022, auf die Gedenkaktionen zum zweiten Jahrestag des rassistischen Mordanschlags in Hanau.
Den vollständigen Newsletter findet ihr hier zum Download, Ausdrucken und Weiterverbreiten.
Sechs Monate Untersuchungsausschuss – eine kritische Zwischenbilanz
Gut war und wichtig bleibt, dass zum Anfang des UNA 20/2 insgesamt elf Angehörige und Überlebende in vier Sitzungen ihr Zeugnis ablegen konnten. Sie haben nochmal alle ihre schrecklichen Erfahrungen – insbesondere in der Tatnacht und den Tagen danach – vorgetragen und zudem ein erstes, selbst in Auftrag gegebenes Gutachten von Forensic Architecture zum verschlossenen Notausgang vorgestellt. Informationen, die eigentlich die Polizei und Behörden hätten ermitteln müssen, sowie die gesammelten offenen Fragen wurden also von den Angehörigen kompakt als Auftakt eingebracht.
Umso enttäuschender, was danach passierte. Seit Ende Januar 2022, also nach den Aussagen der Angehörigen, wurde es schnell sehr zäh: mehrfach sind Sitzungen ausgefallen und zum Teil waren Zeug:innen geladen, die nicht viel aussagen konnten. Es stellt sich die Frage, ob hier von einigen Abgeordneten – insbesondere der CDU – bewusst verzögert wurde, um mit der Verlangsamung zu versuchen, den auch medialen Schwung der ersten Wochen abzubremsen. Zumal es immer wieder der CDU-Abgeordnete Müller ist, der parteipolitisches Gezänk anfängt und damit vom Auftrag zur Aufklärung ablenkt.
In der Ablaufstruktur des UNA ist grundsätzlich unverständlich, warum geladene Gutachter:innen keinen Zugang zu den Akten bekommen haben und entsprechend wenig aussagen konnten. Verstörend war insbesondere der Ablauf am 18. März 2022: An diesem Tag war der Jurist, Kriminologe und Polizeiwissenschaftler Prof. Dr. Thomas Feltes von der Ruhr-Universität Bochum als Gutachter im Untersuchungsausschuss des Hessischen Landtags geladen. Er hatte im Vorfeld dieses Termins eine 15-seitige kritische Stellungnahme verfasst, die er vor seiner Befragung einleitend vortragen wollte. Dies wurde ihm allerdings durch den Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses untersagt. Wir haben nachträglich seine sehr lesenswerte Stellungnahme im Wortlaut veröffentlicht (unten auch der Veranstaltungshinweis für den 3. Juli in Hanau sowie der Link zu seiner Stellungnahme). Es passt, dass Thomas Feltes in seinem Text die Grenzen eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses thematisiert und fragt, ob nicht andere Formen und Zusammensetzungen angesagt wären, um dem Interesse nach unabhängiger Aufklärung nachzukommen.
Problematisch erscheint zudem: Der komplette Ausschluss der Öffentlichkeit bei Allem, was mit dem Vater des Mörders zu tun hat und was mit dessen Persönlichkeitsrechten begründet wird. Schließlich: die für die Obduktionen verantwortliche Staatsanwältin hat – obwohl längst im Ruhestand – mit Hinweis auf ein noch nicht gänzlich abgeschlossenes Disziplinarverfahren alle Aussagen dazu abgelehnt. Sie wird evtl. zu einem späteren Zeitpunkt nochmal geladen.
Vorläufige Zwischenbilanz: Bislang bleibt der Ausschuss weit hinter den Erwartungen der Betroffenen und Unterstützer:innen zurück. Etwas Hoffnung bleibt, dass mit den Ladungen von verantwortlichen Polizist:innen und Politiker:innen in den kommenden Wochen und Monaten bezüglich der Waffenerlaubnisse des Täters, des Notrufversagens, des verschlossenen Notausgangs sowie zu den Abläufen in der Nacht am Täterhaus doch noch einige weitere Puzzle-Steine zum Versagen der Behörden öffentlich werden.
Die nächsten öffentlichen Sitzungstermine des UNA 20/2: 13. Juni, 4. Juli, 18. Juli 2022.
Kontinuierliche Mahnwachen nahe dem Landtag
An allen elf öffentlichen UNA-Terminen im Wiesbadener Landtag gab es gleichzeitige Mahnwachen mit Kundgebungen, zunächst direkt am Eingang des Landtages, dann auf dem nahe gelegenen Dernschen Gelände. In einer Rhein-Main weiten Zusammenarbeit haben jeweils unterschiedliche Gruppen den Infostand sowie ein Kundgebungsprogramm vorbereitet. Wir danken dem AKU Wiesbaden und der Partei Die Linke Wiesbaden für die beständige logistische Hilfe sowie der Seebrücke Frankfurt, der Interventionistischen Linken Frankfurt, der Antifa Basisgruppe, dem Gewerkschaftsbündnis aus DGB-Jugend, IG Metall, IJV, DiDF-Jugend, Community4all aus Darmstadt und dem Aktionsbündnis gegen Abschiebungen Rhein-Main, Offenbach Come-Together und Kein Schlussstrich Kassel für die Organisierung der Mahnwachen. Es gab sehr kalte Tage mit entsprechend wenig öffentlichem Interesse, es gab aber auch sonnige Tage mit lebendigen Kundgebungen und anschließender medialer Berichterstattung. Jedenfalls soll auch in den kommenden Monaten zu allen öffentlichen Terminen des UNA 20/2 die Mahnwache als Anlaufstelle für Angehörige und Interessierte aufgebaut werden und es werden weiterhin Gruppen gesucht, die sich an der Vorbereitung und Durchführung beteiligen.
Unterstützung über Social Media
Eine weitere Möglichkeit, die kritische Öffentlichkeitsarbeit zum Untersuchungsausschuss zu unterstützen: über soziale Medien an den Sitzungstagen immer wieder an die offenen Fragen erinnern. Wenn möglichst Viele immer wieder konkrete Fragen posten und dabei die Abgeordneten im Untersuchungsausschuss direkt taggen, kann das eine gute Erinnerung sein, welches die offenen Fragen sind, die wirklich aufgeklärt werden müssen. Wir werden uns bemühen, für die kommenden Sitzungen an den Tagen zuvor jeweils konkrete kritische Fragen vorzubereiten. Es wäre großartig, wenn Ihr uns bei der Verbreitung unterstützen könntet.
Ausstellung im Frankfurter Kunstverein mit drei Räumen zu Hanau:
Three Doors – Forensic Architecture/Forensis, Initiative 19. Februar Hanau, Initiative in Gedenken an Oury Jalloh
03.06.2022 — 11.09.2022
Eröffnung am Donnerstag, den 03. Juni 2022, um 19 Uhr
„Die Ausstellung Three Doors – Forensic Architecture/Forensis, Initiative 19. Februar Hanau, Initiative in Gedenken an Oury Jalloh entsteht als Zusammenschluss unterschiedlicher Akteur*innen: das Künstler*innen Kollektiv Forensic Architecture und deren Schwesteragentur Forensis Berlin, die Initiative 19. Februar Hanau, die Initiative in Gedenken an Oury Jalloh, Journalisten und die Kulturinstitution Frankfurter Kunstverein. Sie arbeiten als Koalition zivilgesellschaftlicher Kräfte, aus Menschen und Expert*innen in den jeweiligen Bereichen, um systemischen Rassismus und Behördenversagen sichtbar zu machen.
Die visuellen Untersuchungen zum rassistischen Terroranschlag vom 19. Februar 2020 in Hanau, die Forensic Architecture/Forensis in Zusammenarbeit mit der Initiative 19. Februar Hanau erstellt hat, bilden den Schwerpunkt der Schau. Darüber hinaus wird eine neue Plausibilitätsstudie zum Fall Oury Jalloh, der 2005 in einer Polizeizelle in Dessau verbrannte, veröffentlicht.
In der Ausstellung Three Doors werden drei neue Arbeiten von Forensic Architecture/ Forensis präsentiert, welche rassistisch motivierte Vorfälle in Deutschland untersuchen.
In jedem der drei Fälle wird eine Tür zu einem Sinnbild für die anhaltende und alarmierende Verwicklung staatlicher Behörden in rassistische Gewalt.
Die forensischen Untersuchungen des rassistischen Terroranschlags vom 19. Februar 2020 in Hanau, bei dem neun Menschen ermordet wurden, werden zur Geschichte zweier Türen: des verschlossenen Notausgangs der Arena Bar in Hanau-Kesselstadt, einem der Anschlagsorte, und der Eingangstür des Hauses des Täters, zu deren polizeilicher Überwachung in der Tatnacht viele kritische Fragen offen sind. In der Nacht starben Ferhat Unvar, Gökhan Gültekin, Hamza Kurtović, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Sedat Gürbüz, Kaloyan Velkov, Vili-Viorel Păun und Fatih Saraçoğlu.
Eine weitere Untersuchung befasst sich mit einer dritten Tür in der Polizeizelle, in der Oury Jalloh, ein junger Asylsuchender aus Sierra Leone, 2005 in Dessau verbrannte. Die Fallstudie prüft die seit langem bestehende Annahme von Ourys Freunden und seiner Familie, dass sein Tod nicht selbstverschuldet war, sondern dass es sich um eine Tötung in Polizeigewahrsam handelt.
Jede Tür öffnet eine neue Perspektive auf strukturellen Rassismus in deutschen Behörden, einschließlich fehlender Konsequenzen für Polizeiverfehlungen, die die Ausübung rassistischer Gewalt ermöglicht haben, sowie Ermittlungen, die den Rechten der Opfer, Überlebenden und ihren Familien nicht gerecht wurden.
Diese Phänomene werden derzeit nicht nur durch die Geschehnisse in Hanau und Dessau, sondern auch durch die Halle-Anschläge, den Fall Walter Lübcke und den sogenannten NSU 2.0 sichtbar und sind ein bundesweites Problem.
Vier weitere Arbeiten bieten Kontext zur laufenden Arbeit der „Gegenforensik“ von Forensic Architecture. Die ausgesuchten Untersuchungen erforschen rassistisch motivierte Fälle in Europa und in den USA. Sie ermitteln und werfen kritische Fragen zu nationalem und internationalem systemischem Rassismus sowie Menschenrechtsverletzungen auf.
Auf Einladung des Frankfurter Kunstvereins wurden die Journalisten Dietrich Brants und Jan Tussing vom SWR2 eingeladen, eine mehrteilige Dokuserie zu produzieren. „Die Lücke von Hanau“ arbeitet mit Dokumenten in Text und Ton, die öffentlich zugänglich, also bereits veröffentlicht und für alle frei verfügbar sind, von Medienberichten bis hin zu Pressemitteilungen einer Staatsanwaltschaft. Die Doku-Serie nutzt Ermittlungsergebnisse, die Medien wiedergeben dürfen, Aussagen von Überlebenden und Angehörigen, Nachbar*innen, Verwandten, Jugendfreund*innen, Kolleg*innen des Täters und von Polizeibeamt*innen und Behördenvertreter*innen, die von Relevanz sind, um die Lücke von Hanau zu beschreiben.
In einem eigens der Initiative 19. Februar Hanau gewidmeten Raum dokumentieren zehn neu produzierte Videos die Aussagen der Angehörigen und Überlebenden vor dem Untersuchungsausschuss des Hessischen Landtages. Die Familien, Überlebenden und Unterstützer*innen sehen diese Dokumentation als einen weiteren Beitrag für ihren Kampf um Erinnerung, Gerechtigkeit, Aufklärung und Konsequenzen.“
19. Februar 2022 – Zweiter Jahrestag des Anschlags
Der Tag begann mit einer offiziellen Gedenkaktion auf dem Hauptfriedhof, mit Reden von Oberbürgermeister Kaminsky, Ministerpräsident Bouffier und Bundesinnenministerin Faeser. Danach die Reden der Angehörigen, die bereits vorab ihre Kritik geäußert hatten: „Wir werden am Samstag nicht mit allen, die wollen, gemeinsam auf dem Hanauer Friedhof sein können. Viele, die sonst an jedem 19. an unserer Seite sind, bleiben durch die Auflagen des Landes Hessen ausgeschlossen. Wer eingeladen wird und wer nicht, das haben wir, die Familienangehörigen, nicht entscheiden können.“
Am Nachmittag folgte dann die Demonstration, die das lokale Jugendbündnis organisiert hatte und an der sich über 3.000 Menschen beteiligten. Zur Auftaktkundgebung um 16.00 Uhr bot der Hanauer Marktplatz bereits ein beeindruckendes Bild: Hunderte von Plakaten mit den Gesichtern der Ermordeten bildete eine regelrechte Wand gegen das Vergessen.
Zum Tatzeitpunkt, am späteren Abend zwischen 21.45 Uhr und 22.45 Uhr, versammelten sich schließlich wieder Hunderte an den beiden Tatorten, um der Ermordeten zu gedenken.
In über 100 Städten gab es zum 2. Jahrestag gleichzeitige Gedenk- und Solidaritätsaktionen. Am Abend schrieben wir:
„Heute ist der 19. Februar in Hanau. Und die Erinnerung ist kein wenig verblasst. Es gab in den vielen Reden auf dem Marktplatz und auf den Friedhöfen in Hanau, Offenbach und Dietzenbach eine deutliche Botschaft: Sonntagsreden und symbolische Gesten gibt es viele, aber reichen tun sie nicht. Die Angehörigen haben heute erneut deutlich gemacht, dass sich mit Schaufensterpolitik niemand abspeisen lässt.
Es gab so viele Anschläge, nach denen die Hinterbliebenen vergeblich darauf warteten, dass die Politik ihnen Aufmerksamkeit schenkt, die Hinterbliebenen hört und Tatorte besucht. Das alles gehört in Hanau zwar mittlerweile zum Alltag und doch ist viel zu wenig geschehen. Wenn die Verantwortlichen glauben, dass sie dieses Mal mit ihren Besuchen darüber hinwegtäuschen können, dass sich nichts ändert, haben sie sich getäuscht.“
Initiative 19. Februar Hanau, am 19. Februar 2022
Zum Jahrestag wurde zudem ein Video zu zwei Jahren Kämpfen um Erinnerung, Gerechtigkeit, Aufklärung und Konsequenzen veröffentlicht.
Videolink Two Years: https://youtu.be/OVIL1SFWp_M
Tribunal NSU-Komplex auflösen vom 3. bis 5. Juni 2022 in Nürnberg
Unter dem Motto „Anerkennen. Aufklären. Verändern!“ findet vom 3. bis zum 5. Juni 2022 das vierte Tribunal „NSU-Komplex auflösen!“ am Staatstheater Nürnberg statt. Wir klagen die Kontinuität von Rassismus in Bayern an! Wir klagen um die Ermordeten im NSU-Komplex und um alle Opfer rechter Gewalt!
Wir fordern:
Anerkennung der Perspektiven der Betroffenen!
Aufklärung und Konsequenzen – Kein Schlussstrich!
Kein nächstes Opfer! Durchbrechen wir die Kontinuität rechten Terrors!
Machen wir die Gesellschaft der Vielen und Kämpfe um Selbstbehauptung und Erinnerung gemeinsam unübersehbar!
Weitere Informationen und Programm: https://www.nsu-tribunal.de/nuernberg/
(Auch aus Hanau wird eine Delegation an diesem Tribunal teilnehmen.)
Veranstaltungshinweise für Hanau und Frankfurt:
Sonntag, 3. Juli 2022, um 16 Uhr in der Bildungsinitiative Ferhat Unvar (Am Freiheitsplatz 6)
Veranstaltung mit Thomas Feltes, Kriminologe aus Bochum
Prof. Dr. Thomas Feltes von der Ruhr-Universität Bochum war am 18. März als Gutachter im Untersuchungsausschuss des Hessischen Landtags geladen. Er hatte eine 15-seitige Stellungnahme verfasst, die er vor seiner Befragung einleitend vortragen wollte. Dies wurde ihm aber untersagt. Unter folgendem Link haben wir diese Stellungnahme in voller Länge dokumentiert:
https://19feb-hanau.org/wp-content/uploads/2022/04/Stellungnahme-Feltes-UA-Hanau-März-2022.pdf
Freitag, 15. Juli 2022 um 19 Uhr in Frankfurt
Podiums-Veranstaltung der Frankfurter Rundschau
FR-Stadtgespräch, Haus am Dom, Domplatz 3, Frankfurt
„Zwei Jahr nach Hanau – Kampf dem rassistischen Terror“
Mit Nancy Faeser (Bundesinnenministerin), Omid Nouripour (Vorsitzender Bündnis 90/Die Grünen, angefragt), Armin Kurtović (Vater von Hamza Kurtović), Newroz Duman (Initiative 19. Februar Hanau).
Moderation: Pitt von Bebenburg und Hanning Voigts
Ausstellung „Three Doors” von Forensic Architecture/Forensis, Initiative 19. Februar Hanau, Initiative in Gedenken an Oury Jalloh und Kunstverein Frankfurt (in den Räumen des Frankfurter Kunstvereins am Römer)
Seit Monaten haben wir gemeinsam mit Forensic Architecture/Forensis an einer Untersuchung zu einigen der vielen offenen Fragen gearbeitet. Zum verschlossenen Notausgang der Arena Bar in Hanau-Kesselstadt, einem der Anschlagsorte und zu den Ereignissen um das Haus des Täters und dessen polizeilichen Überwachung in der Tatnacht, hat Forensic Architecture/Forensis auf Grundlage der Ermittlungen von Familienangehörigen und Überlebenden eine Rekonstruktion erstellt. Zudem ist zu den Ereignissen und zum Umgang mit den Angehörigen in der Tatnacht und danach und zu den ersten zwei Jahre der Kämpfe um Erinnerung, Gerechtigkeit, Aufklärung und Konsequenzen eine umfangreiche Dokumentation entstanden.
Ab dem 2.Juni 2022 werden im Kunstverein Frankfurt (am Römer) in der Ausstellung “Three Doors” unter anderem präsentiert:
- Ergebnisse der beiden Untersuchungen zum Notausgang und zum Täterhaus von Forensic Architecture/Forensis.
- Videos mit Aussagen, Anklagen und Fragen, die Angehörige und Überlebende unter anderem im Hessischen Untersuchungsausschuss gestellt haben.
- Ein Podcast zu den vielen offenen Fragen.
- Eine Dokumentation zum nicht-funktionierenden Notruf.
- Eine Übersicht zu den Ereignissen in der Tatnacht und der ersten zwei Jahre der Kämpfe um Erinnerung, Gerechtigkeit, Aufklärung und Konsequenzen.
Die Ausstellung bietet die Gelegenheit, sich mit der Kette des Versagens ausführlich zu beschäftigen. Sie ist ein Zwischenergebnis der gemeinsamen Untersuchung.
Die Ausstellung ist ein wichtiger Ort des Lernens und der Auseinandersetzung. Sie ist ein Auftrag an alle (Universitäten, Schulen, Institutionen und an die Politik), sich für Aufklärung und Konsequenzen stark zu machen.
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Am Donnerstag, 2. Juni 2022 um 19.00 Uhr wird die Ausstellung Three Doors von Forensic Architecture/Forensis, Initiative 19. Februar Hanau und Initiative in Gedenken an Oury Jalloh im Kunstverein Frankfurt (am Römer) eröffnet.
In Erinnerung an die neun Opfer des rassistischen Terroranschlags vom 19. Februar 2020,
Ferhat Unvar
Hamza Kurtović
Said Nesar Hashemi
Vili-Viorel Păun
Mercedes Kierpacz
Kaloyan Velkov
Fatih Saraçoğlu
Sedat Gürbüz
Gökhan Gültekin
in Erinnerung an
Oury Jalloh
und in Erinnerung an alle Opfer rassistischer Gewalt.
Bei der Ausstellungseröffnung sprechen:
Tahera Ameer
Programm Vorstand Amadeu Antonio Stiftung
Initiative 19. Februar Hanau
Mouctar Bah
Gründer Initiative in Gedenken an Oury Jalloh
Dr. Julia Cloot
Stellvertretende Geschäftsführerin Kulturfonds Frankfurt RheinMain
Prof. Franziska Nori
Direktorin Frankfurter Kunstverein
Die Grußworte werden im Außenbereich des Frankfurter Kunstvereins vor dem Eingang „Hinter dem Lämmchen“ stattfinden.
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Weitere Informationen zur Ausstellung:
Ausstellungszeitraum: 03.06.2022 — 11.09.2022
Die Ausstellung Three Doors – Forensic Architecture/Forensis, Initiative 19. Februar Hanau, Initiative in Gedenken an Oury Jalloh entsteht als Zusammenschluss unterschiedlicher Akteur*innen: das Künstler*innen Kollektiv Forensic Architecture und deren Schwesteragentur Forensis Berlin, die Initiative 19. Februar Hanau, die Initiative in Gedenken an Oury Jalloh, Journalisten und die Kulturinstitution Frankfurter Kunstverein. Sie arbeiten als Koalition zivilgesellschaftlicher Kräfte, aus Menschen und Expert*innen in den jeweiligen Bereichen, um systemischen Rassismus und Behördenversagen sichtbar zu machen.
In der Ausstellung Three Doors werden drei neue Arbeiten von Forensic Architecture/Forensis präsentiert, die rassistisch motivierte Vorfälle in Deutschland untersuchen. In jedem der drei Fälle wird eine Tür zu einem Sinnbild für die anhaltende und alarmierende Verwicklung staatlicher Behörden in rassistische Gewalt.
Die visuellen Untersuchungen zum rassistischen Terroranschlag vom 19. Februar 2020 in Hanau, die Forensic Architecture/Forensis in Zusammenarbeit mit der Initiative 19. Februar Hanau erstellt hat, bilden den Schwerpunkt der Schau und werden zur Geschichte zweier Türen: des verschlossenen Notausgangs der Arena Bar in Hanau-Kesselstadt, einem der Anschlagsorte, und der Eingangstür des Hauses des Täters, zu deren polizeilicher Überwachung in der Tatnacht viele kritische Fragen offen sind. In der Nacht starben Ferhat Unvar, Gökhan Gültekin, Hamza Kurtović, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Sedat Gürbüz, Kaloyan Velkov, Vili-Viorel Păun und Fatih Saraçoğlu.
Eine weitere Untersuchung befasst sich mit einer dritten Tür in der Polizeizelle, in der Oury Jalloh, ein junger Asylsuchender aus Sierra Leone, 2005 in Dessau verbrannte. Die Fallstudie prüft die seit langem bestehende Annahme von Ourys Freunden und seiner Familie, dass sein Tod nicht selbstverschuldet war, sondern dass es sich um eine Tötung in Polizeigewahrsam handelt.
Jede Tür öffnet eine neue Perspektive auf strukturellen Rassismus in deutschen Behörden, einschließlich fehlender Konsequenzen für Polizeiverfehlungen, die die Ausübung rassistischer Gewalt ermöglicht haben, sowie Ermittlungen, die den Rechten der Opfer, Überlebenden und ihren Familien nicht gerecht wurden.
Diese Phänomene werden derzeit nicht nur durch die Geschehnisse in Hanau und Dessau, sondern auch durch die Halle-Anschläge, den Fall Walter Lübcke und den sogenannten NSU 2.0 sichtbar und sind ein bundesweites Problem.
Vier weitere Arbeiten bieten Kontext zur laufenden Arbeit der „Gegenforensik“ von Forensic Architecture. Die ausgesuchten Untersuchungen erforschen rassistisch motivierte Fälle in Europa und in den USA. Sie ermitteln und werfen kritische Fragen zu nationalem und internationalem systemischem Rassismus sowie Menschenrechtsverletzungen auf.
In einem eigens der Initiative 19. Februar Hanau gewidmeten Raum dokumentieren zehn neu produzierte Videos die Aussagen der Angehörigen und Überlebenden vor dem Untersuchungsausschuss des Hessischen Landtages. Die Familien, Überlebenden und Unterstützer*innen sehen diese Dokumentation als einen weiteren Beitrag für ihren Kampf um Erinnerung, Gerechtigkeit, Aufklärung und Konsequenzen.
Auf Einladung des Frankfurter Kunstvereins wurden die Journalisten Dietrich Brants und Jan Tussing vom SWR2 eingeladen, eine mehrteilige Dokuserie zu produzieren. Die Lücke von Hanau arbeitet mit Dokumenten in Text und Ton, die öffentlich zugänglich, also bereits veröffentlicht und für alle frei verfügbar sind, von Medienberichten bis hin zu Pressemitteilungen einer Staatsanwaltschaft. Die Doku-Serie nutzt Ermittlungsergebnisse, die Medien wiedergeben dürfen, Aussagen von Überlebenden und Angehörigen, Nachbarn, Verwandten, Jugendfreund*innen, Kolleg*innen des Täters und von Polizeibeamt*innen und Behördenvertreter*innen, die von Relevanz sind, um Die Lücke von Hanau zu beschreiben.
Der Frankfurter Kunstverein steht für eine erweiterte Rolle von Kunst und von Kulturinstitutionen, welche die rein metaphorische und symbolische Ebene verlassen, um im realen demokratischen Prozess zu agieren, demokratische Strukturen zu verteidigen und die Werte unserer Zivilgesellschaft zu stärken.
Forensic Architecture ist eine 2011 gegründete Rechercheagentur, die dank digitaler und investigativer Methodiken und Technologien Spuren der Gewalt durch Unternehmen und staatlicher Gewalt untersucht. Forensic Architecture arbeitet ausschließlich für zivile Opfer, NGOs und unabhängige Vereine. Die künstlerische Arbeit des Kollektivs setzt wissenschaftliche, technologische und juristische Forschungsweisen und Techniken ein. Forensis ist die in Berlin ansässige Schwesterorganisation von Forensic Architecture, die gegründet wurde, um deren Methoden in einen deutschen Kontext zu übertragen.
Flankierend zur Ausstellung findet im Frankfurter Kunstverein das öffentliche Forum kollektiver Wahrheitsfindung statt. Teilnehmen werden Vertreter*innen betroffener Familien und Opfer des Attentats in Hanau sowie die Initiative In Gedenken an Oury Jalloh und die Initiative 19. Februar Hanau, Vertreter*innen des Künstler*innenkollektivs Forensic Architecture/Forensis, Expert*innen für Rechtsextremismus und Anti-Rassismus sowie Jurist*innen und Journalist*innen.
Diese Ausstellung entsteht als Zusammenarbeit zwischen dem Frankfurter Kunstverein und dem Londoner Forscher- und Künstler*innenkollektiv Forensic Architecture, seiner Berliner Schwesteragentur Forensis, der Initiative 19. Februar Hanau und Initiative in Gedenken an Oury Jalloh. Die Untersuchungen sind vom Frankfurter Kunstverein koproduziert mit Unterstützung durch das Haus der Kulturen der Welt (HKW).