Demonstration und Kundgebung in Hanau
Samstag, 22. August 2020 / 13 Uhr Kesselstadt – 14 Uhr Freiheitsplatz
Demonstration und Kundgebung in Hanau
Samstag, 22. August 2020 / 13 Uhr Kesselstadt – 14 Uhr Freiheitsplatz
Am Mittwoch, den 19.8.20, 6 Monate nach den rassistischen Anschlägen und am Samstag, den 22.8.20 finden in Hanau und vielen Städten Gedenken und Demonstrationen statt. Diese Übersicht wird fortlaufend aktualisiert
Wir bekommen fortlaufend neue Informationen zu Anreisemöglichkeiten mit Bus und Bahn aus anderen Städten zur Demonstration am 22.8.20. Diese vervollständigen wir in den nächsten Tag auf dieser Seite.
Zunächst bedanken wir uns, dass auch Herr Kasseckert der Demonstration am 22. August und der Aufklärung rund um den rassistischen Terroranschlag vom 19. Februar große Bedeutung beimisst.
Der Rest seines Beitrags irritiert uns jedoch sehr. Wir lesen ihn als offizielle Aufforderung dazu, die Augen vor dieser schrecklichen Tat zu verschließen. Wie sonst ist seine Haltung „ man solle loslassen und am besten alles entfernen, was mit der Tat zu tun hat“ zu verstehen? Zu welcher Normalität soll unsere Stadt zurückkehren?
Es darf kein zurück zu einer Normalität geben, in der sich ein solch rassistischer Anschlag ereignen konnte. Es muss sich etwas ändern in dieser Gesellschaft. Uns ist daher das offene und vielfältige Gedenken in dieser Stadt sehr wichtig.
Damit sind wir nicht allein. Wir bekommen täglich positive Rückmeldungen von Hanauerinnen und Hanauern, die uns sagen, wie wichtig sie es finden, dass immer wieder erinnert wird. Dass es ihnen etwas bedeutet, dass frische Blumen und die Bilder unserer Kinder zu Füßen der Brüder Grimm dafür sorgen, dass diese Tat nicht vergessen wird. Dass wir unsere Trauer, aber auch die offenen Fragen, die uns bewegen, mit ihnen teilen. Dass recherchiert wird. Dass wir täglich um Aufklärung kämpfen. Dass gesprochen wird. Wir tun dies gemeinsam, damit diese Stadt sich entwickelt und verändert, Hanau und dieses ganze Land.
Wir sind froh, dass wir in dieser Stadt nicht alleine stehen, dass der Oberbürgermeister eine klare Haltung vertritt und dass sehr viele unserer MitbürgerInnen auch sagen, wir dürfen nicht vergessen. Solange Rassismus in diesem Land nicht verlernt und bekämpft wird, ist es wichtig, sich immer wieder vor Augen zu führen, was in Hanau passiert ist. Der Anschlag vom 19.Februar, bei dem unsere Kinder, Brüder und Schwester ermordet wurden, ist nicht „einfach so passiert”. Er ist einer der dunkelsten Momente in der Geschichte dieser Stadt.
Dass Menschen am Marktplatz am Denkmal der Brüder-Grimm und später dann mit einem Denkmal immer wieder erinnert werden, ist wichtig, damit sich etwas verändert. Menschen sollen ein Denkmal sehen und sich fragen, wie so etwas hier passieren konnte. Dass ein Mensch aus purem Rassismus aufsteht und unschuldige Menschen abknallt. Den Menschen soll gezeigt werden, dass das nicht irgend eine Tat war. Diese Tat und unser Verlust haben die Welt bewegt. Die Erinnerung stellt auch immer die Frage, was wir tun können, damit es nie wieder passiert.
Dass Herr Kasseckert jetzt möchte, dass man „loslässt“ und weitermacht, als wäre nichts gewesen, ist für uns unerträglich. Denn wir wissen, wie sehr es jeden Tag darauf ankommt, zu erinnern, nicht zuletzt damit das Versagen der Behörden im Vorfeld, während und nach der Tat nicht erneut unter den Teppich gekehrt werden kann.
Warum spricht Herr Kasseckert, wenn er über Zivilcourage und besondere Verdienste an dieser Gesellschaft spricht, nicht über den mutigen Versuch von Vili Viorel Paun, den Täter zu stoppen? Stattdessen hat Herr Kasseckert in einem Gespräch mit Angehörigen vor einigen Wochen in Gegenwart des Vaters von Vili Viorel Paun zum Ausdruck gebracht, dass es unverständlich sei, dass sich ihr Sohn dem bewaffneten Täter in den Weg gestellt hat. Vili Viorel hat diesen Akt der Zivilcourage mit seinem Leben bezahlt und er darf nicht vergessen werden.
Am Ende seines Gastbeitrags schreibt Herr Kasseckert auch, dass die Vergabe der „Ehrenplakette in Gold“ in diesem Zusammenhang unverständlich sei. Auch hierzu möchten wir kurz Stellung nehmen. Diese neun jungen Menschen wurden alleine aufgrund von Menschenhass aus ihren Leben gerissen. Keine Ehrung der Welt kann und wird jemals den Schmerz der Hinterbliebenen tatsächlich mindern können. In unserer Stadt, in der innerhalb von nur zwölf Minuten neun Menschen aus rassistischer Motivation heraus ermordet wurden, ist es weder zu Ausschreitungen noch zu einer Spaltung innerhalb der Stadtgesellschaft gekommen. Direkt nach diesem feigen Anschlag reagierte die gesamte Stadtgesellschaft unter dem Motto „Hanau steht zusammen“. Das dies damals so schnell klappen konnte und auch heute noch so gut klappt, ist aber insbesondere auch den Familien und Angehörigen der Todesopfer zu verdanken. Denn diese Menschen haben sich trotz ihres unendlichen Verlustes und der tiefen Trauer bisher immer für den gesellschaftlichen Zusammenhalt ausgesprochen. Nicht nur deshalb verdienen die Opfer und Familien doch die höchste Anerkennung. Diese „Ehrenplakette“ ist derzeit die höchste Ehrung der Stadt und ist daher mehr als zutreffend.
Wir dürfen nicht aufhören zu erinnern. Damit Ferhat, Hamza, Said Nesar, Vili Viorel, Mercedes, Kaloyan, Gökhan, Fatih und Sedat nicht umsonst gestorben sind. Damit sich etwas verändert.
Angehörige der Familien Hashemi, Gültekin, Gürbüz, Kurtovic, Unvar, Paun, Goman/Kierpacz, Saracoglu und Velkov
Institut für Toleranz und Zivilcourage – 19.Februar e.V.
Initiative 19.Februar Hanau
Der rassistische Terroranschlag vom 19. Februar 2020
in Hanau wird bald sechs Monate her sein. Seitdem hat sich vieles getan und leider auch vieles auf
sich warten lassen.
Unser Newsletter #2: Hier weiterlesen
Aufruf zur Demonstration und Kundgebung in Hanau
Samstag, 22. August 2020 / 13 Uhr Kesselstadt > 14 Uhr Freiheitsplatz
Am 19. August wird es sechs Monate her sein, dass ein Rassist mit seinen tödlichen Schüssen unsere Herzen gebrochen und unsere Leben, unsere Familien und unsere Stadt zerrüttet hat. Wir alle werden niemals so leben wie zuvor und nichts und niemand kann wiedergutmachen, was geschehen ist. Niemand kann Ferhat, Fatih, Gökhan, Kaloyan, Mercedes, Vili, Nesar, Hamza und Sedat ins Leben zurückrufen.
Wir, die Angehörigen der Opfer; die Überlebenden und Betroffenen; das Institut für Toleranz und Zivilcourage – 19. Februar Hanau e.V. und die Initiative 19. Februar Hanau rufen gemeinsam zur Demonstration und zum Gedenken auf: In Hanau am 22.8.2020, dem Samstag nach dem 19. August.
Wir erfahren nach und nach, was vor dem 19. Februar passierte, welche Warnungen nicht ernst genommen wurden und dass viele Polizisten – vor allem in Kesselstadt – seit Jahren lieber unsere Kinder und Freunde schikanieren, statt ihrer Pflicht nachzukommen, Nazis die Waffen wegzunehmen und für die Sicherheit für jeden zu sorgen. Ja, wir erfahren, dass sich hier niemand um den Schutz von jungen Menschen sorgt, die eine Migrationsgeschichte haben.
Wir recherchieren und ermitteln selbst. Jeden Tag. Wir rekonstruieren nicht nur die Tatnacht, sondern auch die Jahre davor und finden immer mehr behördliches Versagen. Offene Fragen werden nicht beantwortet und wir erleben die blinden Flecken im sogenannten sozialen Rechtsstaat.
Wir kämpfen seit jenem Tag. Und wir werden nicht aufhören. Denn in den letzten 5 Monaten wurde viel versprochen und wenig geliefert. Wir lassen uns nicht stumm stellen und wir geben uns mit Beileidsbekundungen und warmen Worten nicht zufrieden. Der Rassismus ist nicht verschwunden, nur weil Politiker dieses Mal das Problem nicht mit Schweigen, sondern mit Reden unter den Teppich gekehrt haben.
Unsere Frage an die Politik und die Behörden: Worauf wartet ihr eigentlich, wenn nicht auf den nächsten Anschlag?
Heutzutage ist es bereits ein Erfolg, dass die Tat als das anerkannt wird, was sie war: Purer Rassismus. Kein verwirrter Einzeltäter. Wie viele Hinterbliebene mussten selbst Jahrzehnte um diese Benennung kämpfen! Doch das reicht uns nicht. Wir wollen Taten sehen. Wir wollen, dass Hanau keine Station von vielen ist, sondern die Endstation. Wir sagen ein halbes Jahr danach: Es muss sich endlich nicht nur etwas, sondern vieles in diesem Land ändern.
Wir fordern eine lückenlose Aufklärung der Tat des 19. Februar 2020.
Warum wurden diese Morde nicht verhindert? Wir fordern Antworten auf unsere Fragen und dass diejenigen Beamten, die nicht nur in der Tatnacht, sondern all die Jahre davor bereits versagt und die Warnsignale ignoriert haben, beim Namen genannt und zur Rechenschaft gezogen werden.
Wir fordern politische Konsequenzen.
Die Verschärfung des Waffengesetzes ändert nichts, wenn es immer noch Beamte gibt, die ihrem Job nicht nachkommen und Rassisten die Waffenscheine ausstellen. Wir fordern eine Entnazifizierung des Bundestags, der Behörden und Institutionen und die Entwaffnung aller Rassisten in diesem Land.
Wir fordern den Rücktritt des Hessischen Innenministers Beuth, dem das Versagen der Behörden vor, während und nach dem 19. Februar 2020 bewusst und bekannt war, und der es bis heute immer noch schön redet.
Wir fordern den Rücktritt aller Verantwortlichen, die lebensbedrohliche Informationen und Warnsignale für jede Form von terroristischen Anschlägen ignorieren oder verschweigen.
Wir fordern Gerechtigkeit und Unterstützung.
Dass das Leid der Familien ernst genommen wird. Dass durch Taten und nicht nur Worte oder Kränze gezeigt, ja bewiesen wird, dass dieser Anschlag und dass Rassismus und Rechtsextremismus in diesem Land nicht geduldet, toleriert und akzeptiert werden.
Dass alles Erdenkliche dafür getan wird, den Familien weitere Sorgen zu ersparen und ihnen ihren zerrütteten Alltag und ihre Zukunft zu erleichtern, so gut es geht – psychosozial und finanziell.
Wir fordern ein angemessenes Erinnern.
Ein Denkmal an unsere neun Verlorenen – zentral – sichtbar und vor allem spürbar für alle. Die Thematisierung des rechtsextremen Attentats des 19. Februar 2020 und die Aufrechterhaltung der Erinnerung an sie in allen Bildungsinstitutionen.
Wir haben uns ein Versprechen gegeben: Nie zu vergessen und nie zu vergeben. Solange nicht lückenlos aufgeklärt wird, solange nicht endlich Konsequenzen gezogen werden und es Gerechtigkeit gibt, solange werden wir nicht aufhören zu kämpfen. Denn wer sich mit Hanau angelegt hat, hat sich mit der falschen Stadt angelegt. Wir werden keine Ruhe geben.
Hanau am 19. Juli 2020
Plakate und Bilddateien für die Mobilisierung:
Monatlich werden wir hier mit variierenden Schwerpunkten erzählen, worum sich unser Kampf der letzten vier Wochen hauptsächlich drehte, welche unsere bedeutendsten Erfolge und Rückschläge waren und in welcher Form wir am 19. diesen Monats das Gedenken an Ferhat, Gökhan, Mercedes, Vili, Hamza, Nesar, Sedat, Kaloyan und Fatih aufrecht erhielten.
Wir haben uns nach den rassistischen Morden an unseren neun Geschwistern am 19. Februar 2020 in Hanau auf den darauffolgenden Mahnwachen, Kundgebungen und Trauerfeiern ein Versprechen gegeben:
Dass ihre Namen, ihre Gesichter und ihren Geschichten nicht vergessen werden.
Dass wir für eine lückenlose Aufklärung kämpfen werden.
Dass wir Gerechtigkeit und Veränderung in dieser Gesellschaft und in den Strukturen und den Behörden einfordern werden.
Dass wir die Familien, die Betroffenen und Überlebenden nicht alleine lassen und die rassistischen Morde vom 19. Februar nicht ein weiteres Mal unter den Teppich kehren lassen werden.
Wir werden unsere Stimmen erheben und sie dafür einsetzen, dass von seiten der Regierung endlich Konsequenzen gezogen werden. Dass endlich erkannt wird, dass wir längst nicht mehr nur ein Alltagsrassismus-Problem, sondern ein tiefsitzendes rechtes Terror-Problem haben, das Menschenleben kostet. Wir wollen verhindern, dass es bei folgenloser Betroffenheit und leeren Worten der Politiker bleibt.
Wir wollen, dass das rechte Morden beendet und rechte Netzwerke aufgedeckt und die Gefahr, die von ihnen ausgeht, erkannt und angegangen wird. Dass die Behörden entnazifiziert werden und erkannt wird, dass es die Betroffenen sind und nicht die Täter, die es zu schützen gilt.
Um genau diesen Forderungen und Zielen, um der Erinnerung und dem Widerstand Sichtbarkeit zu verleihen, haben wir einen Raum, einen “Laden”, wie wir es nennen, eröffnet. Am Heumarkt, dem ersten Tatort der schrecklichen Tatnacht vom 19. Februar.
Hier sind wir in unmittelbarer Nähe zur Bar “La Votre”, wovor Fatih Saraçoğlu auf der Straße und worin Kaloyan Velkov hinter der Theke erschossen wurden sowie der Shisha-Bar “midnight”, in der Sedat Gürbüz erschossen wurde.
In dieser Straße hörte Vili Viorel Paun die ersten Schüsse und begann den Täter, der zu Fuß auf dem Weg zu seinem Auto war, zu verfolgen. Bis nach Kesselstadt, wo er auf dem Parkplatz vor der Arena-Bar in seinem Auto erschossen wurde.
In der Arena-Bar und dem dazugehörigen Kiosk davor wurden Gökhan, Ferhat, Mercedes, Hamza und Said Nesar erschossen und erlagen ihren Verletzungen wenig später.
Um den Angehörigen einen Raum zu bieten, in dem das Unsagbare geteilt werden kann, haben wir am Heumarkt in Hanau diesen Laden eröffnet. Wir gründeten unsere Initiative wenige Tage nach dem 19.2.2020. Ende März unterschrieben wir den Mietvertrag und renovierten gemeinsam mit ihnen bis zum 5. Mai 2020, an dem wir erstmals offiziell eröffneten.
Es sind die 140 qm, in denen die Tür von morgens bis abends offen steht, in die die Mütter und Väter, Brüder und Schwestern, Töchter und Söhne der am 19. Februar Ermordeten zusammenkommen und ihren Schmerz ohne Worte teilen können.
Sie kommen hier zusammen und ehren ihre Verlorenen in so vielen verschiedenen Formen – und das alles ohne ein Wort über das verlieren zu müssen, was keiner von ihnen aussprechen kann.
Es sind die 140 qm, in denen wir uns organisieren und wichtige Schritte planen und auf diese gemeinsam vorbereiten.
In denen wir die Anwältinnen und Anwälte der Familien treffen und uns beraten. Hier planen wir Demonstrationen und Aktionen gegen das Vergessen, bemalen und beschriften Plakate, schreiben Reden und vernetzen uns mit anderen Initiativen aus Deutschland. Doch die wichtigste Funktion, die der Laden hat, ist das Halt geben.
Die Familien und Freund*Innen kommen inzwischen täglich hierher. Wir verabreden uns morgens schon zum Frühstück und verabschieden uns erst spät abends nach dem letzten Çay.
Die Gestaltung des Raumes wurde von Anfang an mit ihnen gemeinsam geplant und wird immer noch mit ihnen gemeinsam umgesetzt. Es ist ein laufender Prozess.
Unser Laden hat sieben Tage die Woche auf. Wir sind und bleiben unabhängig und finanzieren ihn ausschließlich durch Spenden.
FILM „140 qm gegen das Vergessen“
SPENDENKAMPAGNE „140 qm gegen das Vergessen“
An jedem 19. eines jeden Monats erinnern und gedenken wir gemeinsam an unsere neun Verlorenen in verschiedenen Formen. Wir haben das Brüder-Grimm-Denkmal am Marktplatz zu einem Gedenkort gestaltet, an dem seit dem 19.
Februar Blumen, Kerzen, Fotos, persönliche Gegenstände und viele weitere verschiedene Andachten der Hanauer Bürger*Innen niedergelegt werden können.
Dieses Denkmal pflegen wir regelmäßig, genauso wie die Tatorte am Heumarkt und in Kesselstadt.
An jedem 19. des Monats besuchen wir gemeinsam mit den Angehörigen, den Freundinnen und Freunden und jedem, der sich am Gedenken beteiligen möchte, diese Orte und legen frische Blumen und Kerzen nieder. Hängen neue Bilder von ihnen auf und erinnern uns in Stille an sie.
Von Monat zu Monat beteiligen sich – auch aufgrund der Lockerungen der Corona-Maßnahmen – immer mehr Menschen an dem Gedenken und verschiedene Städte tragen ihren Beitrag zum Erinnern dazu.
FILME
„Ein Monat ist seit den rassistischen Anschlägen vergangen“
„Zwei Monate nach den rassistischen Anschlägen“
Der 19. diesen Monats war für viele ein besonderer Tag. Unsere Freundinnen und Freunde eines Künstler*innenkollektivs aus Frankfurt stellten für diesen Tag ein 27 m langes Wandbild unter der Friedensbrücke in Frankfurt fertig und halten somit die Erinnerung an sie auch in Frankfurt aufrecht.
Es ist ein starkes Zeichen der Solidarität und der Anteilnahme und soll uns nicht nur daran erinnern, dass Rassismus tötet, sondern auch, dass es möglich und vor allem notwendig ist, sich seine Räume zu Erinnern, zu Mahnen und zu Kämpfen durch Selbstorganisierung selbst zu schaffen.
Das Statement des Künstler*innenkollektivs zum Wandbild (Auszug):
„Vor vier Monaten, am 19. Februar 2020, wurden neun Menschen aus ihrem Leben gerissen. Um ihrer würdevoll und respektvoll zu gedenken, haben wir uns als Künstler*innenkollektiv dazu entschieden, sie durch dieses Wandbild zu ehren und ihnen den öffentlichen Raum zu geben, der ihnen gewaltsam genommen wurde.
Unser Kollektiv hat keinen Namen, denn es geht nicht um uns. Es geht um den Verlust von geliebten Menschen, das Gedenken an sie, den Respekt vor ihrem Leben.
Dieses Bild soll den Angehörigen ein Geschenk sein, dass ihr Verlust unvergessen bleibt und wir ihre Familienmitglieder in unserem Kampf gegen das Vergessen weiterleben lassen. Die Blicke der Verstorbenen richten sich an uns alle, sie sollen uns treffen. Sie werfen der Gesellschaft auch einen vorwurfsvollen Blick zu, denn jeder einzelne Mensch trägt die Verantwortung für ein gewaltfreies Leben miteinander, für ein gleichberechtigtes Leben in Würde, frei von Hass und Gewalt, frei von Angst, frei von Demütigung.
Es geht hierbei auch um die Konfrontation der Öffentlichkeit mit der Realität, dass das Leben von Betroffenen von Rassismus in Deutschland immer bedroht war, immer noch bedroht ist.
Dieses Bild soll auch eine Entschuldigung an sie sein, dass wir sie nicht haben schützen können vor der Gewalt, die wir täglich sehen, von der wir alle wissen. (…)“
Das ganze Statement: hier lesen.
Doch nicht nur diese Orte sollen an ihre Namen und ihre Gesichter erinnern. Sie sollen in der ganzen Stadt und am besten im ganzen Land sichtbar sein. Sie sollen in Bewegung bleiben und uns in unserem alltäglichen Leben begegnen – im Bus, in der Bahn, in der Schlange und in vielen weiteren Momenten. Um das zu erreichen, stellen wir Sticker mit ihren Namen und seit Kurzem auch T-Shirts mit ihren Gesichtern und ihren Namen zur Verfügung.
Material: hier zum Download.
Nicht nur der 19., sondern auch der 18. des Monats ist für uns ein Tag der Solidarität. Jeden Monat laden wir an diesem Tag Aktivist*Innen von andeini19feb_06-20_newsletter#1ren Initiativen und Angehörige zu uns in den Laden ein, um sich auszutauschen und Erfahrungen im Kampf gegen das Vergessen und gegen rassistische Strukturen und den rechten Terror zu teilen.
Unser erster Gast war Kutlu Yurtseven von der Initiative „Keupstraße ist überall“ aus Köln.
An unserem Gespräch mit ihm waren viele Angehörige und Freund*innen beteiligt und fühlten sich dadurch nicht nur verstanden sondern auch unterstützt und schätzten die Solidarität und die Anteilnahme außerhalb von Hanau sehr.
Am 14. Juni haben wir vom Heumarkt bis zum Marktplatz eine Kette der Solidarität gebildet. Inspiriert von den Protesten in den USA und vielen Städten in Europa sind wir zusammengekommen mit der Initiative 19.Februar, Lampedusa in Hanau, Solidarität statt Spaltung und vielen anderen und haben am Ende eine Kundgebung der Gesellschaft der Vielen gemacht, mit Redebeiträgen gegen rassistische Polizeigewalt, zu den Toten bei Abschiebungen vom Frankfurter Flughafen, zum alltäglichen Sterben im Mittelmeer und Alltagsrassismus in Deutschland.
Es ist insbesondere der Wunsch vieler Angehöriger, an jedem 19. eines Monats mit unterschiedlichen Gedenk- und Aktionsformen die Erinnerung an die Opfer des 19. Februar 2020 aufrecht zu erhalten, auf lückenlose Aufklärung zu drängen und die gesellschaftlichen Hintergründe des Terroranschlags zu thematisieren.
Die Initiative 19. Februar unterstützt diese Aktivitäten und bemüht sich, zu diesen Gedenk-Aktionstagen jeweils Betroffene von rassistischer Gewalt, die in anderen Städten aktiv sind, zu Veranstaltungen und zum Austausch nach Hanau in die neue Begegnungsstätte einzuladen. Damit wollen wir nicht zuletzt zur stärkeren bundesweiten Vernetzung von Betroffeneninitiativen beitragen.
Kurze Chronologie der bisherigen Gedenkaktionen.
Donnerstag, 19. März 2020
Für diesen Tag einen Monat nach dem rassistischen Terroranschlag hatte die Initiative 19. Februar gemeinsam mit einigen Angehörigen in Hanau-Kesselstadt zu einem Gedenken eingeladen. Zunächst wurde sich in der Nähe des zweiten Tatortes getroffen und eine kurze Ansprache u.a. mit folgenden Worten gehalten:
„Wir wollen, dass die Namen und die Geschichten, so wie sie waren, bei uns bleiben. Sie sind in unserer Erinnerung lebendig. Für uns alle, die wir weiterhin hier leben müssen, ist nichts, wie es vorher war. Sie fehlen uns. Umso mehr braucht es Kontakt mit Menschen, die diese Trauer teilen können. Wir wollen nicht zulassen, dass die Vereinzelung uns trennt. Keiner soll allein gelassen werden. Wir haben uns auf den Weg gemacht. Und wir werden – trotz und in dieser Krise – in enger Verbindung bleiben.“
Danach wurden am Tatort vor der Arena-Bar Blumen niedergelegt.
Kurzer Videobericht: Link.
Sonntag, 19. April 2020
Am 19. April am frühen Nachmittag hat das Institut für Toleranz und Zivilcourage Gedenkaktionen mit Angehörigen aller Opferfamilien an beiden Tatorten abgehalten. Dabei haben die Angehörigen Blumen niedergelegt und weiße Tauben in den Himmel steigen lassen.
Am späteren Nachmittag hat die Initiative 19. Februar zu einem weiteren Gedenken am Marktplatz am Brüder-Grimm-Denkmal eingeladen. Gemeinsam mit einigen Familienangehörigen wurden auch hier Blumen niedergelegt, während vom Baugerüst des Rathauses ein zehn Meter langes Transparent mit allen Vornamen der Opfer entrollt wurde. „Say their Names“ stand über den Namen und „Lückenlose Aufklärung Jetzt“ war als zentrale Forderung auf dem Banner formuliert.
Kurzer Videobericht: Link.
Dienstag, 19. Mai 2020
Am Nachmittag wurden zunächst Blumen an beiden Tatorten abgelegt und jeweils Fotos der Opfer aufgehängt. Danach wurde das Gleiche am Brüder-Grimm-Denkmal am Marktplatz getan, das – solange es noch keine offizielle Gedenkstätte in der Stadt Hanau gibt – als zentral gelegenes Mahnmal erhalten werden soll.
Anschließend hatte das Institut für Toleranz und Zivilcourage in Zusammenarbeit mit der Stadt Hanau zu einer interreligiösen Zusammenkunft mit gemeinsamem Fastenbrechen in den Congress-Park eingeladen.
Am Vortag, dem 18. Mai, fand in der Begegnungsstätte in der Krämerstrasse 24 ein Austauschtreffen mit Kutlu Yurtseven von der Initiative „Keupstrasse ist überall“ statt. Kutlu informierte zunächst über die Erfahrungen und Schwierigkeiten in Köln 2004 nach dem Nagelbombenanschlag, der erst sieben Jahre später als Terroraktion des NSU aufgeklärt wurde. Bis dahin wurden die Opfer von der Polizei immer wieder zu Tätern gemacht und alle Hinweise auf rechtsextreme Hintergründe ignoriert. Kutlu berichtete auch, wie sie sich in Köln zum NSU-Prozess in München und dann auch im Rahmen des „Tribunals NSU-Komplex auflösen“ gemeinsam organisiert haben. Und er brachte die Anregung mit, dass in Hanau ebenfalls ein Tribunal und eine große Demonstration stattfinden sollte, zu der sicherlich Viele aus ganz Deutschland zusammenkommen würden.
Wegen der Corona-Auflagen musste dieses Treffen auf einen kleineren Kreis beschränkt bleiben. Aber es war ein gelungener Auftakt der geplanten Veranstaltungsreihe der Initiative 19. Februar, mit der regelmäßig rund um den 19. jeden Monats Aktive aus Betroffenengruppen aus anderen Städten zum Erfahrungsaustausch nach Hanau eingeladen werden sollen.
Die Kampagne „19! – Gegen das Vergessen“ wird unterstützt von der
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